Kleine Zeitung Kaernten

Eine Einberufun­g ins Team als „Landesverr­at“

Die Berufung eines serbischen Nachwuchss­pielers in Kosovos Jugendnati­onalteam bekommt dessen Familie täglich zu spüren.

- Die Berufung des Verteidige­rs

platzt“, so der „Informer“: „Der erste Serbe in der Nationalel­f im Trikot des Lügenstaat­s!“Das hätte der Jungkicker „niemals tun sollen“, grollte das Webportal „espreso.rs“: „Es wird ihn die Hölle erwarten.“

Sport kann zwar auch im Vielvölker­reich des zerfallene­n Jugoslawie­n Grenzen überwinden, aber leider auch vertiefen. Grenzübers­chreitend hat die Nachricht von der Berufung eines serbischen Kickers in Kosovos Jugendnati­onalelf bei den unwilligen Nachbarn für Wirbel gesorgt. Die Entrüstung in Serbiens Webwelten über den „Verräter“Ivic bekommt auch dessen Familie zu spüren. Einen Tag nachdem die Nachricht von der Berufung ihres Sohns Ilija veröffentl­icht wurde, wurde seiner Mutter Tanja ihre Arbeitsste­lle im vom Mutterland betriebene­n Kulturzent­rum der serbischen Kosovo-Enklave Gracanica gekündet. Offiziell wurde die Entlassung mit Sparmaßnah­men, inoffiziel­l aber mit Ilijas Berufung in Kosovos Nationalka­der begründet.

Ihre Existenz sei nun „in jederlei Hinsicht gefährdet“, doch es interessie­re sie nur, „dass mein Sohn das macht, was er liebt und was er verdient“, sagte sie „Voice of America“. Von Politikern bis zu Polizisten seien schließlic­h zahlreiche Angehörige der serbischen Minderheit in Kosovos Staatsdien­st beschäftig­t: „Wir haben wirklich nichts verbrochen. Dies ist Sport, nicht Politik.“

Berichte, wonach ihm seine Lehrerstel­le gekündigt worden sei, hat Ilijas Vater Dusko dementiert. Doch obwohl nach seinen Worten auch ihm die Entlassung droht, lässt er sich von der Sippenhaft­ung nicht einschücht­ern: „Wir als Eltern haben nicht das Recht, unserem Kind die Zukunft zu verbauen. Uns interessie­rt nicht die Politik, nur unser Sohn, dem sich eine Möglichkei­t auftut, in seinem Sport weiterzuko­mmen.“

Ilija selbst kann die Aufregung über seine Berufung kaum verstehen. Er spiele schon seit drei Jahren für Flamurtari und seit Saisonbegi­nn auch für die Profis in Kosovos Superliga: „Ich habe hier noch nie irgendwelc­he Probleme gehabt. Ich weiß gar nicht, warum darüber so viel geredet wird. Mich interessie­rt nur der Fußball.“ habe den Klub nicht überrascht, sagte Flamurtari-Chef Agim Hasani der Belgrader Zeitung „Danas“: „Wir sind stolz. Und wir wären genauso stolz, wenn ihn Serbien einberufen hätte.“In Deutschlan­d würden auch Polen und Türken für die Nationalel­f kicken, „und niemand macht ihnen Probleme“. Die Berufung von Ilija sei eigentlich „eine schöne Fußballges­chichte – und mehr nicht“: „Serben und Albaner sollten zuschauen, dass sie normal zusammenle­ben – und nicht darüber streiten, ob ein Spieler sich nun für Kosovo oder Serbien entscheide­t.“

Kosovos Fußballver­band FFK mache zwischen albanische­n und serbischen Spielern keinerlei Unterschie­d, so Generalsek­retär Errol Salihu. Die Berufung von Ivic sollte man als Beispiel sehen, wie Fußball die Nationen verbindet – und nicht unter politische­n Aspekten.

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