Langer Schatten eines Journalistenmordes
Die Wahlen in der Slowakei morgen sind noch immer vom Fall Kuciak überschattet.
Zwei Jahre ist es her, dass ein vom Oligarchen Marián Kocner gekaufter Mörder den Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak und dessen Verlobte Martina Kuˇsnírová kaltblütig erschoss. Seither ist die Slowakei nicht mehr, wie sie vorher war. Premier Robert Fico und Innenminister Robert Kalinak spielten sich anfangs als große Aufklärer auf. Als jedoch ruchbar wurde, dass Kuciak im nächsten Artikel über Belege für die Verflechtung mafiöser Strukturen mit höchsten Regierungsstellen schreiben wollte, mussten sie zurücktreten. Zehntausende gingen auf die Straße. Das Entsetzen schlug um in Ergebnisse: Erst wurde mit Zuzana Cˇaputová eine sozialliberale Anwältin zur Präsidentin gewählt. Dann siegten auch bei den EU-Wahlen die liberalen Kräfte.
Die morgen anstehenden Parlamentswahlen könnten diesen Trend fortsetzen. Die Wähler lesen täglich, was sich abgespielt hat. Es sind schlimme Dinge, die vom Prozess vor einem Sondergericht vor allem über Kocner bekannt werden. Er hat offenkundig nicht nur hochrangige Polizisten und Staatsanwälte wie Marionetten geführt. Er war auch eng verbandelt mit Fico.
Dessen nationalistische Partei Smer wird bei den Wahlen bluten. Zwar liegt sie in Umfragen mit 17 Prozent an erster Stelle. Aber sie kam in besten Zeiten auf 44,4 Prozent. Fico selbst hat sein Amt an seinen Parteifreund Peter Pellegrini abgegeben. „Der hat aber nur Dinge in die Wege geleitet, die mit Fico abgesprochen waren“, sagt Sˇtefan Hríb vom Wochenblatt „ty´zˇdenˇ“.
Beste Chancen werden jetzt dem Korruptionsbekämpfer und Unternehmer Igor Matovicˇ und seiner Protestpartei „Gewöhnliche Leute und unabhängige Persönlichkeiten“eingeräumt. Matovicˇ wäre nach übereinstimmender Aussage von Politikexperten jedoch ein „sehr unsicherer Kandidat“, zumal seine Partei außer der Korruptionsbekämpfung kein wirkliches Programm habe.