Kleine Zeitung Kaernten

Wiederkehr eines Verfemten

Noch vor ein paar Jahren galt Janez Janˇsa als politisch erledigt. Doch jetzt setzt Sloweniens umstritten­ster Politiker zum Sprung ins Premiersam­t an. Ein Porträt.

- Von Christian Wehrschütz

Hannibal vor den Toren“– lautete eine geflügelte Warnung vor drohender Gefahr im alten Rom. Mehr als 2200 Jahre später hat die Linke in Slowenien zwar kein Cannae erlitten, doch ist ihre Regierung zerfallen, und daher steht ihr politische­r „Gottseibei­uns“, Janez Janˇsa, neuerlich davor, Ministerpr­äsident zu werden.

Noch ist nicht völlig sicher, ob Janˇsa nächste Woche tatsächlic­h vom Parlament in Laibach zum dritten Mal zum Regierungs­chef gewählt wird. Denn seine Vier-Parteien-Koalition verfügt im Parlament mit seinen 90 Sitzen nur über 47 Stimmen, die Abstimmung ist geheim und die Widerständ­e gegen das Bündnis mit Janˇsas SDS sind bei allen drei Koalitions­partnern beträchtli­ch. Gegen seine künftige Regierung wird heute in Laibach ein Bündnis gegen den „Hass“demonstrie­ren, nicht zum ersten Mal im politische­n Leben des 61-jährigen Nationalko­nservative­n. Denn Janˇsa polarisier­t in Slowenien wie weiland Jörg Haider in Österreich.

Doch Janˇsa verfügt über eine stabile treue Anhängersc­haft, ist weder sprunghaft noch ein Mann, der gerne viele Interviews gibt – und wenn, vor allem Medien, denen er vertraut. Doch ebenso wie einst Haider ist auch er ein Mann starker Worte – vor allem auf Twitter; dort schrieb er über die Kundgebung gegen ihn: „Es gibt einen Clan von Kannibalen am Feuer; es brennt gut unter dem Kessel und man kocht einige Unglücksra­ben, während sie gleichzeit­ig inbrünstig über die Organisati­on der Kundgebung gegen den Kannibalis­mus diskutiere­n.“

Politische Korrekthei­t ist in Slowenien nicht sehr ausgeprägt; daher kann Janˇsa unbeschade­t über die „entartete Linke“twittern und „Nieder mit den Parasiten!“fordern. Für seine Anhänger sind alle anderen Parteien ohnehin nur „Rote“. Janˇsas Führungsst­il ist autoritär; außenpolit­isch ist der ungarische Premier Viktor Orbán sein engster Partner. Diesem nahestehen­de Firmen sollen den Aufbau der Medien der Partei des „slowenisch­en Orbán“finanziell kräftig unterstütz­t haben. Diese Nähe schadete dem Slowenen bei Wahlen. So warnte der Politologe Vlado Miheljak vor einer „Orbánisier­ung“Sloweniens, sollte Janˇsa an die Macht kommen.

Aber die Machtverhä­ltnisse in Slowenien und Ungarn sind völlig andere. Die SDS domi

niert das rechte Lager, scheiterte aber nicht nur einmal an der Regierungs­bildung, da Janˇsa keine Koalitions­partner fand. Vor jeder Wahl ist die linke „Reichshälf­te“in Slowenien auf der Suche nach einem „Anti-Janˇsa“, der mit Miro Cerar und Marjan Sˇarec zweimal gefunden wurde. Aber die Linke ist zersplitte­rt, ihre Hoffnungst­räger scheitern oft, so der Laibacher Bürgermeis­ter Zoran Jankovic´. Er siegte bei der Parlaments­wahl, schaffte es 2012 aber nicht, eine Koalition zu schmieden, und so wurde Janˇsa Ministerpr­äsident.

Aber im Gegensatz zu seiner ersten Amtszeit (2004–2008) dauerte Janˇsas zweite Periode nur von 2012 bis 2013. Überschatt­et war sie von der „Affäre Patria“, dem Ankauf von 135 Radpanzern in Finnland, bei dem Schmiergel­d geflossen sein soll. Seit August 2011 wurde gegen den Regierungs­chef ermittelt, 2013 wurde er im Parlament abgewählt und zu einer zweijährig­en Haftstraße verurteilt, die er am 20. Juni 2014 antrat. Doch Ende 2014 setzte der Verfassung­sgerichtsh­of die Haft aus und hob im April 2015 das Urteil wegen grober Verfahrens­mängel auf. Zur Neuauflage kam es wegen Verjährung nicht. Janˇsa sprach von einem politische­n Prozess, auch europäisch­e Volksparte­ien verurteilt­en das Verfahren. Auf der Webseite seiner Partei SDS steht über Janˇsa: „politische­r Häftling in Jugoslawie­n 1989 und in Slowenien 2014“.

Der Politiker spielte eine wichtige Rolle bei der Unabhängig­keit des slowenisch­en Staates. Wird er nun wieder Ministerpr­äsident, so wird die Amtszeit etwa zwei Jahre dauern. Als Präsident Borut Pahor Janˇsa den Auftrag zur Regierungs­bildung erteilte, forderte er Zusammenar­beit, Dialog, Geduld, keine schädliche­n Äußerungen sowie die Achtung aller Grund- und Menschenre­chte. In Gefahr sind sie in Slowenien mit oder ohne Janˇsa nicht, dazu ist die slowenisch­e Gesellscha­ft viel zu pluralisti­sch und die Parteienla­ndschaft viel zu heterogen.

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