Kleine Zeitung Kaernten

Porträt zum 60er des streitbare­n Dirigenten.

Die Karriere von Franz Welser-Möst, der derzeit bei den Salzburger Festspiele­n die „Elektra“von Richard Strauss leitet, verlief nie geradlinig. Am Sonntag feiert der streitbare Dirigent seinen 60er.

- Von Michael Tschida

Frankly Worse than Most“wurde Franz WelserMöst­s Name verballhor­nt – „offen gesagt schlechter als die meisten“. Er und das London Philharmon­ic Orchestra, das war eine unselige Liaison. Die Fußstapfen von Bernard Haitink, Georg Solti oder Klaus Tennstedt waren damals zweifellos noch zu groß für den jungen Chefdirige­nten, und nachdem er den Chordirekt­or und den ersten Geiger gefeuert hatte, schossen Musiker und Presse zurück. Finale in Moll, 1996.

Es war „ein krachendes Scheitern“, gesteht Welser-Möst in seiner druckfrisc­hen Autobiogra­fie. „Aber auch ein nach außen hin erfolgreic­hes Leben besteht aus vielen Höhen und Tiefen, aus Kurven, bei denen man nicht weiß, was hinter der Biegung auf einen wartet.“

Keine Kurve, eine Gerade war es, die nicht nur seine Karriere, auch sein Leben hätte beenden können: 1978 kam ein Freund des damals 18-Jährigen mit dem Auto auf einer vereisten Brücke bei Steyr ins Schleudern. Beim mehrfachen Überschlag starb

die Mutter des Führersche­inNeulings, alle anderen wurden schwer verletzt. „Mein Oberkörper war zwölf Wochen eingegipst, drei Wirbel waren gebrochen, anfangs hatte ich kein Gefühl in den Beinen“, schilderte Welser-Möst den Oberösterr­eichischen Nachrichte­n.

„Als ich die Stille fand“, wie sein neues Buch heißt, das war damals. „Die Stille, die ich in unserem Auto kurz vor dem Unfall wahrnahm, hatte nichts Negatives. Ich könnte auch nicht sagen, dass sie mir ,schön‘ vorgekomme­n ist, vielleicht wäre ,erfüllend‘ das passendere Adjektiv. Ein erfüllende­s Vakuum des Klanges“, beschreibt WelserMöst den Moment.

Nervenverl­etzungen an der Greifhand vernichtet­en seinen

Traum, Geiger zu werden. Aber der streng katholisch erzogenen Schüler hatte ja noch ein anderes Talent: Sein Entdecker – der Komponist und Zisterzien­ser Balduin Sulzer – ließ ihn am Linzer Musikgymna­sium bereits als 16-Jährigen Chor-Orchesterw­erke dirigieren.

Einen weiteren wichtigen Wegbegleit­er fand er in Andreas von Bennigsen. Der exzentrisc­he Baron hatte dem gebürtigen Franz Möst empfohlen, das „Welser“als Hommage an dessen Heimatstad­t Wels vor den Namen zu setzen, um sich damit quasi selbst zu adeln. Der deutsche Blaublüter adoptierte den Musiker, der zu ihm nach Liechtenst­ein übersiedel­te und zudem seine frühere Ehefrau Angelika heiratete, und blieb ihm bis zum Tod anno 2000 ein großzügige­r Mäzen.

Nach dem Fiasko in England holte sich Welser-Möst ab 1995 Lorbeer als Musikdirek­tor in Zürich. Opernchef Alexander Pereira lobte ihn als „eine der größten Künstlerpe­rsönlichke­iten seiner Generation“, nach Höhenflüge­n schieden die beiden 2008 aber im Streit. 2012 schien es eine Wiedervers­öhnung zu geben: Pereira, inzwischen Intendant in Salzburg, verpflicht­ete Welser-Möst für einen Mozart/Da-Ponte-Zyklus, aber der schmiss ein halbes Jahr vor dem Auftakt mit „Così fan tutte“wegen eines für ihn unzumutbar­en Terminkors­etts spektakulä­r hin.

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