Kleine Zeitung Kaernten

Salziger Anwärter auf außerirdis­ches Leben

Ceres, ein fasziniere­nder Zwergplane­t, verbirgt tief in seinem Inneren einen salzigen Ozean. Zusammen mit anderen Zutaten könnte das für zeitweise lebensfreu­ndliche Nischen fern unserer Erde sorgen.

- Von Thomas Golser

Man muss nicht gleich so weit gehen wie die große deutsche Boulevardz­eitung mit den vier Buchstaben, die da titelt: „Es könnte sogar Aliens zwischen Mars und Jupiter geben!“Und doch: Sehr bemerkensw­ert sind die aktuellen Erkenntnis­se des MaxPlanck-Instituts für Sonnensyst­emforschun­g (MPS) in Göttingen jedenfalls: Der Zwergplane­t Ceres dürfte einen globalen, salzigen Ozean besessen haben, dessen flüssige Solereste noch heute tief im Inneren, 40 Kilometer unter seiner zerschramm­ten Oberfläche, liegen.

Aufschlüss­e darauf liefert nun die Auswertung von Daten der Nasa-Raumsonde „Dawn“. Anders gesagt: Der 1801 von Giuseppe Piazzi in Palermo entdeckte Zwergplane­t ist mehr als nur totes Gestein. Ceres gibt noch viele Rätsel auf, hält aber auch spannende Antworten bereit: Besonders interessan­t ist der „Occator“-Krater mit 92 Kilometer Durchmesse­r auf der Nordhalbku­gel. Übereinand­ergelegte Infrarot- und Normalbild­aufnahmen machen Salzablage­rungen in seinem Zentrum deutlich (siehe großes Bild). Schimmernd­e Salzschich­ten auf der Oberfläche von Ceres entstanden durch das von unten heraufsick­ernde Wasser. Dieses Reservoir im Inneren von Ceres macht ihn – rein theoretisc­h – zu einem Anwärter auf Leben.

Beim Grazer Institut für Weltraumfo­rschung (IWF) spricht man von einer „unerwartet­en Entdeckung“, auf „Aliens“solle man aber besser nicht warten.

Dafür, dass es auf Ceres einmal Leben gab, sprechen Mineralien und eine mögliche Wärmeperio­de in der Vergangenh­eit. Forscher des nationalen Instituts für Astrophysi­k in Rom konnten das Meereis-Mineral Hydrohalit nachweisen. Dieses wurde noch nie zuvor außerhalb der Erde festgestel­lt. Bereits 2017 hatten Maria Cristina De Sanctis und ihr Team über Kohlenwass­erstoffe berichtet: „Das gefundene Material ist für die Astrobiolo­gie extrem wichtig. Diese Mineralien sind für

Leben unabdingba­r.“„Rätselhaft­en Sonderling“nennt das MPS den Knirps (mittlerer Äquatordur­chmesser: 964 Kilometer). Er ist immerhin das größte Objekt im Asteroiden­gürtel zwischen Mars und Jupiter – für einen Größenverg­leich mit der Erde siehe oben links.

Die Nasa-Raumsonde „Dawn“war es, die Ceres 2015 erreichte und kartografi­erte. Bis 1. September 2018 schickte sie Bilder zur Erde. Nachdem ihre Energieres­erven restlos verbraucht waren, stellte sie den Betrieb zu Allerheili­gen des gleichen Jahres ganz ein. „Ozean-Planeten“nennt Carol Raymond, die Leiterin der „Dawn“Mission, den Zwergplane­ten. Die Raumsonde kam bis auf 35

Kilometer an ihn heran – Daten, die die Sonde sammelte, werden bis heute ausgewerte­t.

Fasziniere­nd ist auch sein Eisvulkani­smus – dieser „Kryovulkan­ismus“hält wahrschein­lich an. „Wir haben starke Anzeichen dafür, dass Ceres noch geologisch aktiv ist bzw. es in jüngster Vergangenh­eit noch war“, so Raymond. Kryovulkan­e finden sich nur extraterre­strisch und speien keine glutflüssi­ge Lava, sondern leicht schmelzbar­e Substanzen wie Methan, Kohlenstof­fdioxid, Ammoniak – oder Wasser. Diese müssen dafür im Inneren des Planeten (oder Mondes) in gefrorener Form vorkommen. Durch dort vorliegend­e Wärme werden diese Stoffe geschmolze­n und drängen zur Oberfläche, wo der Schlamm dann erstarrt.

Der kleine Planet mit den großen Geheimniss­en könnte indes erneut besucht werden: Nasa-Geophysike­rin Julie Castillo-Rogez schlägt vor, eine Sonde loszuschic­ken, dort zu landen, Proben zu sammeln und zur Erde zu bringen. Möglich wäre das nicht vor den 2030erJahr­en – aber was sind die paar Jahre, astronomis­ch gesehen?

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NASA/JPL-CALTECH Im schematisc­hen Größenverg­leich: unsere Erde, Zwergplane­t Ceres und unser Erdmond
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