Salziger Anwärter auf außerirdisches Leben
Ceres, ein faszinierender Zwergplanet, verbirgt tief in seinem Inneren einen salzigen Ozean. Zusammen mit anderen Zutaten könnte das für zeitweise lebensfreundliche Nischen fern unserer Erde sorgen.
Man muss nicht gleich so weit gehen wie die große deutsche Boulevardzeitung mit den vier Buchstaben, die da titelt: „Es könnte sogar Aliens zwischen Mars und Jupiter geben!“Und doch: Sehr bemerkenswert sind die aktuellen Erkenntnisse des MaxPlanck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen jedenfalls: Der Zwergplanet Ceres dürfte einen globalen, salzigen Ozean besessen haben, dessen flüssige Solereste noch heute tief im Inneren, 40 Kilometer unter seiner zerschrammten Oberfläche, liegen.
Aufschlüsse darauf liefert nun die Auswertung von Daten der Nasa-Raumsonde „Dawn“. Anders gesagt: Der 1801 von Giuseppe Piazzi in Palermo entdeckte Zwergplanet ist mehr als nur totes Gestein. Ceres gibt noch viele Rätsel auf, hält aber auch spannende Antworten bereit: Besonders interessant ist der „Occator“-Krater mit 92 Kilometer Durchmesser auf der Nordhalbkugel. Übereinandergelegte Infrarot- und Normalbildaufnahmen machen Salzablagerungen in seinem Zentrum deutlich (siehe großes Bild). Schimmernde Salzschichten auf der Oberfläche von Ceres entstanden durch das von unten heraufsickernde Wasser. Dieses Reservoir im Inneren von Ceres macht ihn – rein theoretisch – zu einem Anwärter auf Leben.
Beim Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) spricht man von einer „unerwarteten Entdeckung“, auf „Aliens“solle man aber besser nicht warten.
Dafür, dass es auf Ceres einmal Leben gab, sprechen Mineralien und eine mögliche Wärmeperiode in der Vergangenheit. Forscher des nationalen Instituts für Astrophysik in Rom konnten das Meereis-Mineral Hydrohalit nachweisen. Dieses wurde noch nie zuvor außerhalb der Erde festgestellt. Bereits 2017 hatten Maria Cristina De Sanctis und ihr Team über Kohlenwasserstoffe berichtet: „Das gefundene Material ist für die Astrobiologie extrem wichtig. Diese Mineralien sind für
Leben unabdingbar.“„Rätselhaften Sonderling“nennt das MPS den Knirps (mittlerer Äquatordurchmesser: 964 Kilometer). Er ist immerhin das größte Objekt im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter – für einen Größenvergleich mit der Erde siehe oben links.
Die Nasa-Raumsonde „Dawn“war es, die Ceres 2015 erreichte und kartografierte. Bis 1. September 2018 schickte sie Bilder zur Erde. Nachdem ihre Energiereserven restlos verbraucht waren, stellte sie den Betrieb zu Allerheiligen des gleichen Jahres ganz ein. „Ozean-Planeten“nennt Carol Raymond, die Leiterin der „Dawn“Mission, den Zwergplaneten. Die Raumsonde kam bis auf 35
Kilometer an ihn heran – Daten, die die Sonde sammelte, werden bis heute ausgewertet.
Faszinierend ist auch sein Eisvulkanismus – dieser „Kryovulkanismus“hält wahrscheinlich an. „Wir haben starke Anzeichen dafür, dass Ceres noch geologisch aktiv ist bzw. es in jüngster Vergangenheit noch war“, so Raymond. Kryovulkane finden sich nur extraterrestrisch und speien keine glutflüssige Lava, sondern leicht schmelzbare Substanzen wie Methan, Kohlenstoffdioxid, Ammoniak – oder Wasser. Diese müssen dafür im Inneren des Planeten (oder Mondes) in gefrorener Form vorkommen. Durch dort vorliegende Wärme werden diese Stoffe geschmolzen und drängen zur Oberfläche, wo der Schlamm dann erstarrt.
Der kleine Planet mit den großen Geheimnissen könnte indes erneut besucht werden: Nasa-Geophysikerin Julie Castillo-Rogez schlägt vor, eine Sonde loszuschicken, dort zu landen, Proben zu sammeln und zur Erde zu bringen. Möglich wäre das nicht vor den 2030erJahren – aber was sind die paar Jahre, astronomisch gesehen?