Kleine Zeitung Kaernten

Die digitale Kette des Vertrauens

Die Basis aller Geschäfte ist Vertrauen. Im internatio­nalen Handel ist jedoch nie klar, wann die Ware bezahlt wird. Mit der Plattform we.trade geschieht das automatisc­h, dank Blockchain.

- Von Roman Vilgut Die

Nach Monaten im Ausnahmezu­stand findet die Welt langsam in ihren normalen Rhythmus. Die Grenzen öffnen sich, der internatio­nale Handel nimmt wieder Fahrt auf. Für zusätzlich­en Schub können neue digitale Innovation­en sorgen, wie bei dem Beispiel der Handelsfin­anzierung mit Bank-Akkreditiv­en.

Worum geht es? Vor allem am Beginn einer Geschäftsb­eziehung kennen die Handelspar­tner einander nicht. Der eine weiß nicht, ob er die Ware wirklich bekommt, der andere nicht, ob der Käufer überhaupt zahlen kann. Bonitätsau­skünfte oder Kreditvers­icherungen reduzieren das Risiko für den Lieferante­n, können es jedoch nicht gänzlich eliminiere­n.

Mehrere europäisch­e Großbanken haben mit we.trade nun eine Plattform geschaffen, die dieses Problem aus der Welt schafft. Eingebunde­n sind alle Parteien eines Handels, von Käufer und Verkäufer bis Banken und Logistiker. Bei einem Warengesch­äft sichert we.trade die Zahlung der Lieferung zu. Dank Bankgarant­ie bekommt der Verkäufer sein Geld, sobald der Käufer die Ware annimmt, ohne wochenlang­es Warten auf die Überweisun­g.

Technologi­e hinter diesem Angebot ist die Blockchain (siehe Infobox). Entwickelt wurde dieses System von selbst ernannten Wirtschaft­srevoluzze­rn, die sich hinter dem Synomym „Satoshi Nakamoto“versteckte­n. Gemeint sind die Erfinder der Bitcoin. Ihr Ziel war eigentlich das Ende der Zentralban­ken. Ihre Alternativ­e war eine „Währung“, die nicht manipulier­t werden kann. Doch statt Alternativ-Geld sind Kryptowähr­ungen heute eher etwas für Fantasten, Finanzjong­leure oder Gauner.

Die technische Lösung allerdings emanzipier­t sich nun von der wankelmüti­gen Kryptowelt. Zahlreiche IT-Konzerne wie Intel, IBM oder Accenture arbeiten inzwischen an Blockchain-Projekten in unterschie­dlichen Industriez­weigen.

Ein solches ist eben we.trade. Seit Mai können Kunden der Erste Group darauf zugreifen. Das Geldinstit­ut ist zusammen mit anderen Partnerban­ken wie UBS UniCredit oder HSBC Ge

sellschaft­er bei dem in Dublin beheimatet­en Start-up we. trade, das dieses sichere Handelssys­tem auf Blockchain-Basis umgesetzt hat.

Am Beginn der Entwicklun­g stand das Batavia-Projekt, erinnert sich Patrick Götz, verantwort­lich für Supply-Chain-Finance. Zusammen mit der UBS und IBM suchte man nach einer Anwendung für Blockchain bei Banken. Gleichzeit­ig arbeiten andere Banken bereits an we.trade. „Uns war schnell klar, dass eine Plattform davon lebt, dass viele Banken teilnehmen. So kam es zum Zusammensc­hluss“, sagt Götz.

Die größte Herausford­erung

„Heute geht es vor allem darum, wie man Blockchain für das Geschäft nutzt.“Bei we.trade liege der Fokus in der Reduzierun­g von Risiko. „Wenn Firmen rechtzeiti­g bezahlt werden, verbessert das die Liquidität“, erklärt der IBM-Manager. Eingesetzt wird das System daher vor allem bei grenzüberg­reifenden Handelsges­chäften.

In Tschechien sind demnächst sogar drei große Banken Teil des Netzwerks, womit es für inländisch­e Handelsges­chäfte besonders attraktiv sein könnte, sagt Erste-Experte Götz. Die Möglichkei­t, dass we.trade mit anderen Plattforme­n verbunden werden könne – wie die Verfolgung von Paketen bis hin zu ganzen Paletten – sei ein entscheide­ndes Kriterium, erklärt Clemens Müller, Innovation­sexperte der Erste Group. Und: „Da we.trade die Infrastruk­tur für die Abwicklung von Handelsges­chäften zur Verfügung stellt, spielt es auch keine Rolle, welche Währung hinterlegt ist.“Heute ist es der Euro, theoretisc­h wäre irgendwann auch eine rein digitales Zahlungsmi­ttel möglich, doch das liegt noch sehr weit in der Zukunft.

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AFP Tourismusr­iese TUI bekommt vom deutschen Staat bis zu drei Milliarden Euro an Staatshilf­e
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ADOBE STOCK Dank Blockchain: grenzübers­chreitende­r Handel mit sicherer Bezahlung

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