„Ich habe das Gefühl, wir sind der Sündenbock“
Seit Samstag befindet sich Kuchl im Lockdown: Bis 1. November sind die knapp 7400 Bewohner abgesondert. Das drückt auf die Stimmung in der Gemeinde.
Die Liste an Regeln ist lang. Und das drückt auf die Stimmung in der Gemeinde. Die Ein- und Ausreise in das Gemeindegebiet ist für zwei Wochen untersagt, Ausnahmen gibt es nur für systemrelevante Dienste wie Müllabfuhr oder Lebensmittellieferungen. In den Schulen wird auf Homeschooling umgestellt, Hotels und Lokale in der Gemeinde mussten zusperren, Veranstaltungen abgesagt werden. Auf den Bundesstraßen herrschte deswegen wenig Verkehr, das Ortszentrum zeigte sich wie leer gefegt. „Die Stimmung ist angespannt, vor allem die Ungewissheit macht der Bevölkerung zu schaffen“, schildert der Vizebürgermeister in Kuchl, Gerhard Brandauer (SPÖ), die Situation.
ist unheimlich gespenstisch“, findet die Verkäuferin eines Blumenladens. „Das Ortszentrum ist mittags schon komplett leer.“Schon im Verlauf der vergangenen Tage seien immer weniger Menschen ins Ortszentrum gekommen. Einige Dorfbewohner machen dann aber ihrem Ärger offen Luft: „Aufgrund dieser unsinnigen Verordnung haben wir bis auf Weiteres geschlossen.“„Bleibt’s gsund“, steht auf einem Schild am Eingang eines Wirtshauses. Vor allem Kuchler Unternehmer zeigten sich bereits bei der Ankündigung verärgert. Die Maßnahmen stellen sie vor große Herausforderungen.
Erst am Freitag um 17 Uhr langte die Verordnung des Landes Salzburg in Kuchl ein. „Bis dahin konnten wir nur wenig Antworten geben“, sagt Vizebürgermeister Brandauer. Fragen gebe es noch immer viele in der Gemeinde Kuchl – wie etwa, ob man zu den Ausnahmen für eine freie Ein- und Ausreise zähle oder ob man außerhalb der Gemeinde Medikamente besorgen dürfe. Viele Fragen können die Gemeindevertreter selbst nicht beantworten und müssen auf die Hotline des Landes (die offizielle Gesundheitshotline 1450, Anm.) verweisen, die für solche Zwecke geschult wurde. „Das frustriert schon ein wenig“, sagt Brandauer. Es mache ohnmächtig. „Ich habe das Gefühl, wir sind zum Sündenbock geworden“, sagt Brandauer. Ein Großteil der Bevölkerung halte sich seit Monaten an die Maßnahmen. Jeden Coronafall nun Kuchl zuzuschreiben, sei unfair. Damit meint er zum Beispiel eine der Gemeinde Kuchl zugeschriebene Hochzeit mit rund 100 Personen, bei der sich mehrere Menschen infiziert haben sollen. Sie habe nicht in Kuchl stattgefunden, sondern im Umfeld im Tennengau. „Diese Pauschalverurteilung macht uns zu schaffen. Wir sind nicht die Partytiger Österreichs.“
Vieles hätte besser vorbereitet werden müssen, die endgültige Entscheidung kam doch überraschend: „Für mich fehlte die Phase, in der wir uns alle gemeinsam an einen Tisch setzen konnten, um einen Plan auszuarbeiten“, kritisiert Brandauer.
halte sich großteils an die Einschränkungen, heißt es vonseiten der Polizei. „Das Verkehrsaufkommen ist bisher niedrig“, sagte Polizeisprecher Hans Wolfgruber. „Vereinzelt mussten Leute umdrehen, weil sie keine Ausnahmegenehmigung bei sich hatten.“Bisher sei jedoch alles komplikationsfrei gelaufen, die Bevölkerung trage es analog zu den Sperrungen im Frühjahr