CORONAKRISE
Stark steigende Infektionszahlen in Europa. WHO-Chef warnt vor einer Überlastung der Intensivstationen.
Die Situation, die wir erleben, ist extrem“, sagt Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez. Die Zahlen in der CoronaPandemie seien alarmierend: 350.000 Neuinfektionen in den vergangenen vier Wochen, davon allein 70.000 in der Hauptstadtregion Madrid. Täglich kommen in dem südeuropäischen Land derzeit rund 20.000 neue Ansteckungen hinzu.
Die Zahl der Toten steigt von Tag zu Tag. Die Behörden registrierten allein in den vergangenen 28 Tagen 3620 Todesopfer, bei denen eine Covid-19-Erkrankung festgestellt wurde. Knapp 30 Prozent der Verstorbenen wurden im Hotspot Madrid gemeldet. Landesweit kommen momentan jeden Tag 200 bis 250 Coronatote hinzu.
Die Leichenhallen füllen sich wieder. Die Bestatter haben
mit zusätzlichem Personal sowie größeren Sarglagern für die zweite Viruswelle gerüstet. Seit Beginn der Pandemie erfasste Spanien im Zusammenhang mit der Viruserkrankung mehr als 35.000 Todesopfer – meist ältere Menschen.
lag am Dienstag bei 234 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner – mit steigender Tendenz. Die spanischen Krankenhäuser sind schon länger wieder am Limit. Nahezu 16.000 Covid-19Patienten liegen aktuell im Spital. 2770 davon ringen auf den Intensivstationen um ihr Leben – das ist etwa knapp die Hälfte der Gesamtkapazität. Rund 40 Prozent der spanischen Intensivpatienten überleben diesen Kampf nach bisherigen Erkenntnissen nicht. In Madrid und Aragón sind bereits mehr als 40 Prozent der Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt.
Auch der Betrieb der Schulen, in denen Maskenpflicht herrscht, wird zunehmend durch Corona beeinträchtigt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums befinden sich derzeit 4500 Klassen in Quarantäne, nachdem bei Schülern oder Lehrern eine Infektion festgestellt wurde.
„Die nächsten Wochen und Monate werden sehr hart“, warnt Sánchez. Wegen der steil ansteigenden Infektionen hatte die spanische Mitte-linksRegierung am Wochenende den nationalen Ausnahmezustand verhängt. Die Anordnung, welche die Einschränkung der Bewegungsfreiheit möglich macht, gilt praktisch für das gesamte Land und seine 47,5 Millionen Bewohner. Ausgenomsich men sind nur die Kanarischen Inseln, wo die Situation derzeit noch unter Kontrolle scheint.
Zudem gilt eine landesweite nächtliche Ausgangssperre von elf Uhr abends bis sechs Uhr früh. Die Regionalregierungen können jedoch Beginn und Ende des Ausgehverbots – je nach örtlicher Situation – um eine Stunde nach vorne oder hinten verschieben.
würde es im Extremfall auch erlauben, die gesamte spanische Bevölkerung, wie schon im Frühjahr, wieder in Zwangsquarantäne zu schicken und die Wirtschaft lahmzulegen. Im Frühjahr durften die Menschen nur noch zum Arbeiten und Einkaufen aus dem Haus gehen. Gastronomie, Einzelhandel und Tourismuseinrichtungen waren geschlossen worden.
Der totale Lockdown des gesamten Landes soll jedoch nun unter allen Umständen vermieden werden, sagte Pedro Sánchez. Auch um die angeschlagene Wirtschaft nicht weiter zu schädigen. Der Premierminister forderte seine Bevölkerung auf, sich nach Möglichkeit in Selbstisolation zu begeben: „Je mehr wir zu Hause bleiben, umso geringer ist das Risiko.“
Spanische Epidemiologen warnen jedoch, dass die beschlossenen Beschränkungen nicht ausreichen könnten, um die rasante Ausbreitung der Pandemie zu stoppen. Sie fordern weitere Schritte, wie etwa die Verpflichtung, alle Büroangestellten ins Homeoffice zu schicken. Wenn sich die Lage nicht bessere, müsse man in Corona-Hotspots wie etwa Madrid auch über einen totalen Shutdown nachdenken.