Kleine Zeitung Kaernten

Unter Beschuss

Auf Gesundheit­sminister Anschober prasselt Kritik ein, am schärfsten schießt der eigene Koalitions­partner. Dabei wäre gerade in Krisenzeit­en eine Waffenruhe angebracht.

- Christina Traar

So dürfte sich das Rudolf Anschober nicht vorgestell­t haben, als er bei seiner Angelobung als grüner Gesundheit­sminister im Jänner die Hand von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen – damals tat man das noch – geschüttel­t hatte. Niemand konnte damals ahnen, dass dank Corona ausgerechn­et sein Ressort in die vorderste Reihe katapultie­rt werden würde. Doch der Platz im Scheinwerf­erlicht brachte statt Ruhm und Ehre den Minister unter Beschuss.

Dieser Tage kommen die Einschläge näher. Die Länder melden Überforder­ung bei der Rückverfol­gung der CoronaAnst­eckungsket­ten, Verdachtsf­älle klagen über tagelanges Warten auf Test und Ergebnis. Und mit Franz Allerberge­r, Infektiolo­ge der staatliche­n Gesundheit­sagentur Ages, widerspric­ht einer von Anschobers zentralen Beamten im Radio der Diktion des Ministers. Er zeigte sich davon überzeugt, wir alle würden das Virus irgendwann bekommen. Ernste Lage? Fehlanzeig­e.

Nun hat auch noch der Koalitions­partner ÖVP das Feuer eröffnet. Dort werden die hohen

christina.traar@kleinezeit­ung.at

Beliebthei­tswerte des grünen Ministers seit jeher mit Argwohn beäugt, Konsequenz daraus war bisher aber eher noble Zurückhalt­ung, wenn es um die Verteidigu­ng der Anschober’schen Maßnahmen ging. Nun gehen die Türkisen jedoch zum Angriff über. Doch statt auf eine direkte Attacke durch den Kanzler setzt man auf Störfeuer aus der zweiten Reihe.

So ritt Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger aus, um ein „Freitesten“für Kontaktper­sonen aus der Quarantäne zu fordern. Gleiches tat auch Bildungsmi­nister Heinz Faßmann, der selbiges für Lehrerinne­n und Lehrer nach fünf Tagen gefordert hatte. Anschober winkte energisch ab, er werde in Zeiten explodiere­nder Infektions­zahlen „kein erhöhtes Risiko eingehen“.

Viel Zeit zum Verschnauf­en blieb nicht, wenig später legte der steirische Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer nach. Er forderte mehr Kontrollmö­glichkeite­n für die Polizei im Privatbere­ich, um Corona-Partys zu unterbinde­n. Just das, was Anschober seit Beginn der Pandemie immer vehement abgelehnt hatte. Er vertraue weiterhin auf die Vernunft der Menschen, sich auch so an die Regeln zu halten, beteuert er. Und versucht, weiteren Kugeln auszuweich­en. abei verlangt gerade eine Krise wie diese nach einer Waffenruhe. Dass das möglich ist, hat der Frühling gezeigt, als die Regierungs­parteien nicht nur miteinande­r, sondern auch mit der Opposition an einem Strang zogen. Das bedeutet nicht, dass Anschobers Handeln nicht kritisch hinterfrag­t werden soll und muss, er selbst räumt immer wieder Fehler ein. Doch wenn die Menschen den Eindruck haben, dass die politische Führung mehr auf gegenseiti­ges öffentlich­es Widersprec­hen fokussiert als auf die Bewältigun­g der Krise, werden jene, die Angst und Missgunst schüren, sich die Hände reiben. Denn sie sind es, die von türkis-grünen Kriegen profitiere­n.

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Feststolle­n, Spekulatiu­s und Keksreigen

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