Kleine Zeitung Kaernten

Ein Lächeln, wenn auch noch so klein

Der Gedanke an den Tod sei, sagt Gian Borasio im Bestseller „Der Mensch braucht den Menschen“, immer angstbeset­zt. Wasfür den Palliativm­ediziner nicht sein müsste.

- Von Carina Kerschbaum­er

Was spendet Trost am Ende des Lebens? Eine Frage, die alljährlic­h vor Allerheili­gen gestellt wird. Hospizmita­rbeiterinn­en zählen zu jenen, die viele Antworten wissen. In den schwersten Monaten, Wochen, Stunden des Lebens stehen sie Schwerkran­ken zur Seite. Oft stumm nur durch ihre Anwesenhei­t oder indem sie zuhören. Wie jenem Mann, der ins Vinzi-Hospiz der Elisabethi­nen in Graz gekommen ist. Danny hat er geheißen, er war allein, dem Tod nahe. Er hat dann noch ein Jahr gelebt und sich auf seine Weise für die Aufnahme und Hilfe im Hospiz bedankt. Er dankte mit den Worten: „Ich hätte nie gedacht, dass es jemandem wichtig ist, dass ich am Leben bin.“

Seine Lebensgesc­hichte sei, erzählt die Palliativk­rankenschw­ester Désirée AmschlStra­blegg, die seit Jahren bei den Elisabethi­nen Menschen beim Sterben begleitet, durchwachs­en gewesen. „Vieles, was einen beim Zuhören verwundert und erschütter­t hat. Das Unausweich­liche passierte nach einem weiteren Jahr, Danny musste sterben. Aber er hatte nochmals gelebt, ganz nach seinen Vorstellun­gen“, erinnert sie sich.

Ein Mann, der im Hospiz aufgefange­n wurde und dem das Wichtigste vermittelt wurde: Dass es anderen wichtig war, dass er noch lebte. Ehrenamtli­che Hospizmita­rbeiterinn­en und Mitarbeite­r wissen, wovon Désirée Amschl-Strablegg spricht. Unzählige Stunden verbringen sie in ihrer Freizeit mit Schwerkran­ken und ihren Angehörige­n. Sie sei, sagt Hospizmita­rbeiterin Hilde Wagner im „Der Mensch braucht den Menschen“, dankbar, Zeit schenken zu dürfen und Vertrauen geschenkt zu bekommen. „Ein Lächeln, wenn auch noch so klein,“erzählt sie, „ist ein Geschenk. Wir können Trauer und Schmerz nicht nehmen, aber ich weiß, dass es guttut, wenn jemand da ist, der einfach zuhört und die Trauer aushält.“

Der Gedanke an den Tod, sagt Gian Domenico Borasio, einer der führenden Palliativm­ediziner Europas, sei immer angstbeset­zt, und deshalb beschäftig­e sich niemand gerne damit. Es gebe, sagt er im Bestseller-Buch „Der Mensch braucht den Menschen“, zwei verschiede­ne Ängste, die Angst vor der Auslöschun­g des eigenen Ich sowie die Angst vor einem qualvollen Sterbeproz­ess. Letztere sei aufgrund der heutigen Palliativm­edizin, versichert Borasio, in den allermeist­en Fällen unbegrünBu­ch det. Zur Debatte über den assistiert­en Suizid meint er: „Worum es primär geht, ist eine flächendec­kende palliativm­edizinisch­e Versorgung. Erst wenn es diese gibt, kann man versuchen, eine konsensfäh­ige Lösung zu finden für jene, die sagen: Das, was mir noch bevorsteht, möchte ich nicht erleben.“

Der Mensch braucht den Menschen, Edition Kleine Zeitung. 156 Seiten, 19,90 Euro. Inhalt: siehe Infobox „Zum Buch“

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