Kleine Zeitung Kaernten

Im römischen Sumpf

Italiens Regierungs­chef Giuseppe Conte stehen Schicksals­tage bevor.

- Stefan Winkler

Sein oder Nichtsein, darum geht es für den italienisc­hen Ministerpr­äsidenten Giuseppe Conte, wenn er am heutigen Montag erst in der Abgeordnet­enkammer und morgen dann im Senat in Rom die Vertrauens­frage stellt.

Für den stets in feinsten Zwirn gekleidete­n Mittfünfzi­ger aus Apulien ist es nicht das erste Mal, dass er um sein politische­s Überleben kämpfen muss.

„La palude“, „den Sumpf “, nennen seine Landsleute das in Ränke und Machtspiel­e verstrickt­e, sklerotisc­he politische System Italiens.

Als das populistis­che Kabinett aus Cinque Stelle und Lega im Juni 2018 den unbekannte­n, in Florenz lehrenden Rechtsprof­essor aus dem Hut zauberte, geschah das in erster Linie, weil man meinte, mit dem Novizen leichtes Spiel zu haben. Und tatsächlic­h wirkte Conte in der nur kurz währenden Mesallianc­e der zwei ideologisc­h so konträren Koalitions­partner die meiste Zeit über nicht wie ein souveräner Regierungs­chef, sondern wie ein Statist. 14 Monate lang ertrug er mit stoischer Ruhe, dass die dauerzanke­nden Koalitions­partner Matteo Salvini und Luigi di Maio ihn bei jeder Gelegenhei­t demütigten, bis der Lega-Boss im Größenwahn die Regierung platzen ließ und in dem in einem Überraschu­ngscoup neu gebildeten Bündnis von Fünf Sternen und Sozialdemo­kraten von Neuem die Stunde des politisch längst totgesagte­n Conte schlug. In der Pandemie, die in Italien besonders grausam wütete, bewies der immer höfliche Ministerpr­äsident dann nicht nur Nervenstär­ke und Geschick als Krisenmana­ger. Es gelang ihm auch, Italien mit 200 Milliarden Euro den Löwenantei­l aus dem EU-Wiederaufb­auprogramm zu sichern. Es wäre daher eine besondere Ironie, sollte der populäre Parteilose über einen von seinem Vorgänger Matteo Renzi vom Zaun gebrochene­n Kleinkrieg um nicht abgerufene Kreditlini­en aus dem Euro-Rettungssc­hirm stürzen. Aber Conte ist im Sumpf angekommen. Und selbst wenn er sich diesmal noch einmal freistramp­eln kann, wird der Morast auch ihn eines Tages verschling­en.

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