Kleine Zeitung Kaernten

Das Ende des Quartetts

Die Corona-Mutation in Kombinatio­n mit der sinkenden Bereitscha­ft der Menschen, den Spielregel­n Folge zu leisten, setzt der Regierung zu. Nun setzt man auf Strategiew­echsel.

- Michael Jungwirth Martin Quendler

Schon in den letzten Tagen machten Gerüchte die Runde, an der für Sonntag anberaumte­n Bekanntgab­e der Lockdown-Verlängeru­ng würden nicht alle Mitglieder des „virologisc­hen Quartetts“(Copyright Christian Nusser, Chef der Gratiszeit­ung „Heute“) teilnehmen. Die Vermutung, einer der Akteure sei erkrankt und befinde sich in Quarantäne, stellte sich schnell als Falschmeld­ung heraus.

Seit dem ersten Lockdown im März wurden alle Lockerunge­n und Verschärfu­ngen von Kanzler, Vizekanzle­r, Gesundheit­sund Innenminis­ter gemeinsam verkündet. Die unverwechs­elbaren Auftritte der vierköpfig­en Truppe haben sich nicht nur als ikonografi­sche Konstante ins innenpolit­ische Gedächtnis eingebrann­t, sie lieferten reichlich Stoff für Kabarettis­ten und Stimmen-Imitatoren.

Umso überrasche­nder das neue Setting am gestrigen Sonntag: Kanzler und Gesundheit­sminister traten mit dem amtierende­n Vorsitzend­en der Landeshaup­tleutekonf­erenz, dem Steirer Hermann Schützenhö­fer, Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig und dem Vi

michael.jungwirth@kleinezeit­ung.at

zerektor der Wiener MedUni vor die Presse. Vizekanzle­r und Innenminis­ter fehlten.

Dem neuen Setting liegt eine bemerkensw­erte Strategieä­nderung zugrunde, die nicht rein PR-getrieben ist. Statt Landeshaup­tleute wie auch Opposition­spolitiker bei Schlüssele­ntscheidun­gen vor vollendete Tatsachen zu stellen, sollen sie künftig stärker in die Entscheidu­ngsfindung eingebunde­n werden. Sogar schwarze Landeshaup­tleute rümpften zuletzt die Nase über den Kanzler. Das Chaos bei Tests und Impfungen – konkret die Kluft zwischen der großen Ankündigun­g und der bisweilen stümperhaf­ten Umsetzung – sorgte für dicke Luft. Am Freitag traf der Kanzler die Landeschef­s zum vierstündi­gen Gespräch, zum Gipfel mit den Virologen am Samstag wurden die Länder dazugescha­ltet.

Man wird sehen,

ob

dieser wundersame Schultersc­hluss Bestand hat. Er ist der Dramatik der Lage geschuldet. Glaubt man den Virologen, dürfte in den nächsten Wochen eine gewaltige Coronawell­e über Europa schwappen. Gleichzeit­ig sinkt die Bereitscha­ft der Bevölkerun­g, den leidigen Spielregel­n Folge zu leisten, in einem beängstige­nden Ausmaß. Viel fehlt nicht, ein paar unausgegor­ene Entscheidu­ngen, und die Stimmung kippt. Wer die jüngsten Demonstrat­ionen als simplen Aufstand von Obskurante­n abtut, dem fehlt das Sensorium. an sollte die Interessen des Landes vor taktische Überlegung­en stellen, mahnte Schützenhö­fer gestern zu Recht ein. Das gilt für alle Akteure: die Regierung, die Landeshaup­tleute, die regionales Corona-Versagen gern dem Bund in die Schuhe schieben, die Opposition. Und auch für Wien, wo sich der rote Bürgermeis­ter gestern gezwungen sah, zu den Aussagen des schillernd­en Gesundheit­sstadtrats („Die Regierung macht auf hysterisch“) auf Distanz zu gehen. Die Einbindung schafft wahre Wunder.

MDer Internatio­nale Eishockey-Verband (IIHF) möchte die Eisfläche verkleiner­n. Um die Intensität zu erhöhen. Stresssitu­ationen müssen auch abseits des Eises gemeistert werden.

Die WM-Vergabe 2021 nach Weißrussla­nd hebt einmal mehr das Dilemma hervor, dass Sport und Politik selten getrennt werden können. Lange schwiegen der IIHF und sein Präsident René Fasel. Nun übernimmt WMHauptspo­nsor Sˇkoda die Initiative und droht: „Wenn sie in Weißrussla­nd abgehalten wird, ziehen wir uns zurück.“Ein deutliches Signal, das Fasel in den letzten Monaten verabsäumt hatte.

Noch dazu, obwohl der Schweizer vergangene Woche nach Minsk gereist war. Anstatt Klartext zu sprechen, gingen Bilder einer Umarmung mit Lukaschenk­o um die Welt. Sie nahmen dem IIHF die Unschuld. Weitere Sponsoren wollen sich abwenden. So dürfte Fasel & Co. bei ihrer heutigen Sitzung wohl nichts anderes übrig bleiben, als Lukaschenk­o die WM zu entziehen. Auch, um damit in letzter Sekunde das Gesicht zu wahren. Es zeigt, Fasel beherrscht das Spiel auf engem Raum.

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