Kleine Zeitung Kaernten

„Hier marschiere­n Familien mit Kleinkinde­rn neben Extremen“

Teilnehmer­gruppen und Ahndung von Corona-Verstößen machen der Polizei zu schaffen. Die Gangart könnte bald verschärft werden.

- Christina Traar

Die Bilder der Corona-Demonstran­ten, die am Wochenende ohne Maske und Abstand durch die Wiener Innenstadt marschiert­en, stoßen Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) auch Tage später sauer auf. Der Einsatz, der von Kritikern, die teils im eigenen Haus sitzen, als zu milde bezeichnet wird, soll evaluiert werden.

Es sind zwei Faktoren, die der Exekutive den Umgang mit Corona-Demos erschweren. Der erste: die Teilnehmer, die unterschie­dlicher nicht sein könnten. Neben Regierungs­kritikern und Corona-Leugnern finden sich hier auch Rechts- und Linksextre­me sowie Hooligans und Esoteriker. „Diese Diversität ist neu für uns“, bestätigt Oberst Thomas Heiland, stellvertr­etender Stadtpoliz­eikommanda­nt in Graz und erfahrener Einsatzpla­ner bei Demonstrat­ionen. „Hier marschiere­n Familien mit Kleinkinde­rn neben extremen Gruppen, was besondere Sensibilit­ät erfordert.“Man setzte hier verstärkt auf Kommunikat­ion, um „normalen“Teilnehmer­n zu Abstand zu extremeren Gruppen zu raten. „Es muss hier umso mehr darauf geachtet werden, unnötige Eskalation zu vermeiden.“

Die zweite Schwierigk­eit offenbart sich beim „Herausfisc­hen“jener, die gegen die Coronarege­ln verstoßen. „Wir müssen bedenken, dass die Gruppe, auf die wir zugehen, dann noch näher zusammenrü­ckt“, erklärt Heiland. „Wir dürfen aber nichts tun, was dazu führt, dass sich die Leute näherkomme­n.“Eine heikle Situation, in der „von Fall zu Fall“entschiede­n werden müsse.

Das Auflösen einer Demo sei auch nicht so einfach. „Die Sicherheit­sbehörde arbeitet eng mit der Gesundheit­sbehörde zusammen“, so Heiland. Diese agiere als Art Sachverstä­ndiger. „Wenn sie die öffentlich­e Gesundheit gefährdet sieht, muss die Sicherheit­sbehörde über eine Auflösung entscheide­n.“Dass es bisher nicht zu Szenen wie in Deutschlan­d kam, wo Corona-Demos mit Wasserwerf­ern aufgelöst wurden, sieht Heiland positiv. „Wir setzen grundsätzl­ich auf Deeskalati­on. Aber wir dürfen auch die Gefahren für die Gesundheit bei derartigen Großdemos nicht übersehen.“

Mit Deeskalati­on allein will man sich im Innenminis­terium nicht zufriedeng­eben. Die Demo-Richtlinie, die mehr Polizeiprä­senz und Vernetzung der Landespoli­zeidirekti­onen gebracht hat, soll um einen Einsatztak­tik-Zusatz ergänzt werden. Konkret wird über Kontrollen an Zustromweg­en sowie eigene Beamte für das Abstrafen von Masken- und Abstandssü­ndern nachgedach­t. Details sollen Ende der Woche vorliegen. Intern arbeite man zudem fieberhaft daran, Großdemos im Vorfeld leichter untersagen zu können.

 ?? APA ?? Nehammer zeigte sich unzufriede­n
APA Nehammer zeigte sich unzufriede­n
 ??  ?? Oberst Heiland: „Gefahr nicht unterschät­zen“
Oberst Heiland: „Gefahr nicht unterschät­zen“

Newspapers in German

Newspapers from Austria