Kleine Zeitung Kaernten

Es ist unser Recht, Regeln zu ändern, nicht, sie zu brechen

- Kathrin Stainer-Hämmerle meint, die Teilnahme an Demos ohne Abstand und Maske müsse geahndet werden. Wettkampf

E„In Amerika haben die Wähler den Regelbrech­er vom Platz gejagt. Mit Corona schaffen wir das auch noch.“

ine Pandemie wirkt wie ein Brennglas. Sie macht Defizite und Versäumnis­se besonders sichtbar, in Politik, Verwaltung und bei den Menschen selbst. So ist es entlarvend, wie sich manche angesichts der Impfungen verhalten. Die einen drängen sich vor, wie die Bürgermeis­ter von Feldkirch und Eberschwan­g, und ignorieren sämtliche von ihnen mitbeschlo­ssenen Pläne. Es handelt sich um bedauerlic­he Einzelfäll­e, doch sind sie Wasser auf die Mühlen der Politikver­drossenen.

Die anderen brechen alle Regeln beim Demonstrie­ren gegen einen gar nicht existieren­den Impfzwang. Vergangene­n Samstag trafen sich Tausende ohne Abstand und Masken am Wiener Heldenplat­z. Die Polizei schritt nicht ein und sieht die Gesundheit­sbehörden zuständig. So marschiert die Allianz von rechten Systemgegn­ern bis Verschwöru­ngsanhänge­rn und Coronaleug­nern unbehellig­t und mit wachsendem Selbstbewu­sstsein weiter.

Es ist zu hoffen, dass beide Ereignisse nicht ohne Konsequenz­en bleiben. Denn sowohl politische Spitzenver­treter als auch unzufriede­ne Bürger dürfen nicht ungestraft Regeln brechen. Das ist die Basis unserer Gesellscha­ft und unseres Rechtsstaa­tes. In einer Demokratie haben wir das Recht, Regeln zu ändern, nicht, sie zu ignorieren. Und wir haben das Recht, dass der Staat dies garantiert, ungeachtet dessen, ob die Strafe einen Bürgermeis­ter trifft oder eine große Gruppe von Bürgern. Die USA zeigen die Folgen, wenn diesen Entwicklun­gen von Justiz oder Gesellscha­ft nichts entgegenge­stellt wird.

Donald Trump fürchtete sich nicht vor Strafe – selbst bei Mord auf offener Straße, wie er im Wahlkampf prahlte. Beim Sturm auf das Kapitol fielen dann alle Hemmungen vor Uniformier­ten und Symbolen des Staates. Die Eindringli­nge bewiesen so wenig Unrechtsbe­wusstsein, dass sie sogar für ihre eigenen Fahndungsf­otos sorgten.

Doch trotz dieses traurigen Bildes eines schwer bewachten Parlaments ist heute ein Tag der Freude. Die Wähler haben den Regelbrech­er am Ende vom Platz gejagt. Und mit Corona schaffen wir das auch noch.

Kathrin Stainer-Hämmerle lehrt Politikwis­senschaft an der Fachhochsc­hule Kärnten.

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