Die Locken des Lockdowns
So wie jetzt den Lockdown-Bart habe ich mir früher einen Play-off-Bart wachsen lassen. Denn als junger Mann wollte ich nicht nur literarische, also geistige, sondern auch sportliche, also körperliche Triumphe erringen wie vor mir Wolfram von Eschenbach (Turnieren, Tjostieren), Musil (Ringen, Schwimmen), der Wasserballer Torberg oder der Fußballgoalie Nabokov. Ich wählte den edlen Hockey-Sport und brachte es auf immerhin fünf Meistertitel und ein Torschützenkönigtum, was aber nicht besonders schwer war, weil die Konkurrenz bloß aus vier Klubs aus kleineren Kärntner Bezirksstädten bestand. Wir hatten auch nicht viel mehr Zuschauer als heute der KAC, aber das machte nichts: Ich weiß, dass man am Platz in der Wettkampfsituation alles um sich herum vergisst und in seiner Fantasie auf jeden Fall vor (und für) hunderttausend Zuschauer(n) spielt, auch wenn in Wirklichkeit niemand da ist.
Zu meinen Lesungen sind später ja wirklich viele Menschen gekommen, da war ich aber glatt rasiert, und auch das ist jetzt Vergangenheit. In meinem HockeyTeam standen ein heute sehr prominenter Wirtschaftsanwalt, ein Kämmerer, Busfahrer, Versicherungsmathematiker, Bäcker, Schulwart und sogar ein prominenter Universitätsangestellter mit Doktorhut und eigenem Büro und allem universitären Pipapo, allerdings im nichtwissenschaftlichen Dienst. Alle meine Sportfreunde ließen sich Play-off-Bärte wachsen, alle anderen Bärte waren dichter als meiner, sodass ich recht froh war, als wir Meister geworden waren und ich mein diskreditierend armseliges Gesichtsgestrüpp wieder entfernen konnte ...
Heute dagegen, fünfunddreißig Jahre später, bin ich nach zwei Lockdowns voller Locken! Wo früher Wangen, Kinn und Hals waren: Pelz! Pelz! Pelz! Bis 7. Februar wird Egyd im Pelz derartig zugewachsen sein, dass Sie mich überhaupt nicht erkennen würden, verließe ich Haus und Hof. Auch meine Frau sehnt das Ende des Lockdowns und der Locken herbei! Zeit, beim Marathon ins Ziel zu kommen ... nd
Uwie es mir sonst geht? Mit dem heimtückischen Coronavirus habe ich mich in meiner „Permanentquarantäne“(© by Alois Brandstetter) zum Glück nicht infiziert, aber wie ich mir früher bei meinen (Hobby-) Kanonen-Aufschlägen am roten Sand einen „Tennisarm“eingehandelt habe, laboriere ich jetzt schon die längste Zeit an einem „Handwascharm“(diese unnatürlichen Drehbewegungen…), der sich zu einer profunden Schulterluxation weiterentwickelt hat, die mir nicht nur bei Rasierversuchen, sondern vor allem beim Schreiben solche Schmerzen verursacht, dass ich manchmal ganz plötz ... Arrrhhggg ...