Höchstgericht bremst Skifahrerin ein
Skifahrer stürzte, rutschte ab und verletzte eine Frau. Diese wollte 26.000 Schadensersatz. Ihre Klage scheiterte. Denn so ein Unfall könne passieren, steht im Urteil.
Skifahren ist kein Schnee von gestern. Die Lifte haben auch im Lockdown (noch) geöffnet. Pünktlich zum heurigen Saisonbeginn erzielte der Kärntner Anwalt Marwin Gschöpf eine spannende höchstgerichtliche Entscheidung zum Thema „Haftung bei Skiunfällen“.
Ein Skifahrer stürzte und rutschte in eine andere Skifahrerin hinein. Die Frau fiel um und wurde verletzt. In der Folge forderte sie vom Skifahrer 26.000 Euro Schadenersatz. Der Unfall ereignete sich auf einer schwarzen Piste in Vorarlberg. Drei gerichtliche Instanzen beschäftigten sich jahrelang mit dem Fall. Das Erstgericht und das Berufungsgericht kamen zu unterschiedlichen Entscheidungen. Zuerst hieß es, der Skifahrer muss nicht haften, dann urteilte das Berufungsgericht, genau umgekehrt. Der „letzte Streckenabschnitt“der gerichtlichen Berg- und Talfahrt fand beim Obersten Gerichtshof (OGH) statt.
„Das Höchstgericht stellte fest, dass meinem Mandanten kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist“, sagt Gschöpf. Motto: Ein Unfall wie dieser könne passieren, ein Skifahrer muss nicht für jeden Sturz haften. „Was hier geschah, war ein typisches Risiko beim Skifahren“, erläutert Gschöpf. Der Unfallverursacher „fuhr schnell, aber mit erlaubter Geschwindigkeit“. Gschöpf: „Er ist auf einer eisigen Stelle ausgerutscht. Dann stürzte er und rutschte fast 70 Meter den Hang hinab, bevor er gegen die Frau prallte.“Dieser Unfallverlauf sei unüblich und unvorhersehbar, dem Mann könne keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, argumentierte Gschöpf und bekam Recht.
Der OGH erklärte: Um Schadenersatz zu bekommen, hätte die verletzte Frau beweisen müssen, dass der Mann zu schnell gewesen sei. Das konnte sie nicht. Der bloße Sturz eines Skifahrers begründe noch keine Haftung. Dafür müsste man dem Betroffenen schon ein Fehlverhalten anlasten können.
Das aktuelle Urteil erinnert an einen ähnlichen, etwas älteren Fall im Skigebiet Turrach, der allerdings ganz anders ausging. Ein Kärntner Skifahrer rutschte damals auf einer eisigen Stelle ab. Während des Sturzgeschehens – noch stehend – fuhr er über die Ski einer anderen Frau. Sie fiel zu Boden und verletzte sich. Dafür musste der Skifahrer haften. Die Frau bekam 20.000 Euro.
Warum? Der Unterschied zum aktuellen Fall, liegt im Detail. Laut Gutachter war der Skifahrer auf der Turrach zu schnell und hielt zu wenig Abstand. „Außerdem war eine Eisplatte auf den Polizeifotos nicht nachweisbar, erklärt Gschöpf. „Dazu kommt, dass der Skiunfall nahe eines Einstiegsbereichs geschah, bei dem besondere Vorsicht geboten ist.“All diese Punkte zusammen führten zu einem Urteil gegen den Skifahrer. Zusammenfassend meint Gschöpf: „Diese beiden Beispiele zeigen, dass jeder Fall bei Gericht sehr individuell entschieden werden muss.“