KÄRNTNER DES TAGES
Hans Kopeinig (59) aus Velden ist Trauerbegleiter, Trauerredner und bildet Lebens- und Sozialberater aus.
Sein, was wir sind. Und werden, was wir werden können. Das ist das Ziel des Lebens.“In großen Lettern prangt dieser Spruch an der Wand von Hans Kopeinigs Wohnzimmer. „In uns steckt mehr, als wir herausnehmen. Das wird mir in meiner Arbeit vor Augen geführt.“Seine Arbeit – sie ist vielmehr seine Berufung – ist die Begleitung von Trauernden.
Auch in Zeiten einer Pandemie. „Corona ist da, mit allen Begleiterscheinungen. Es tut weh. Wir müssen aber lernen, die Trauer salonfähig zu machen.“Der Köstenberger ist ein Mann der klaren Worte, mit empathischem Hintergrund: „Der Tod kommt auch bei Ihnen vorbei. Trauer ist die arroganteste Dame, die es gibt. Sie braucht alle Sinne. Sie muss gesehen, gehört, verstanden und akzeptiert werden.“
Kopeinig erzählt von einer Verabschiedung:. „Ist eh alles in einer Viertelstunde vorbei?“, fragte die Familie. „Nein, keinesfalls. Ist es nicht. Verdrängen ist der falsche Weg. Es gibt keinen Weg an der Trauer vorbei. Nicht oben, nicht unten, links oder rechts. Es gibt nur einen Weg, die Trauer aufzuarbeiten: direttissima, mitten durch sie hindurch. Der Tod ist endgültig, die Tür ist geschlossen. Diese Grenze ist da, das muss man sehen.“
Kopeinig nennt es „zuabesteign“und beschreibt es an einer Situation, die immer wieder passiert: „Wenn Kinder einen Elternteil verlieren, sind Rituale sehr wichtig. Ich verabschiede die Verstorbenen nur, wenn die Kinder dabei sind.“Für viele Menschen unvorstellbar, für Kopeinig der einzig richtige Weg – konsequent und herzlich. „Die Kinder stehen mit mir am Sarg, verabschieden ihren Elternteil. Mein Papa ist jetzt im Himmel.“
Seine direkte Art behagt nicht jedem. „Menschen sind in einem Ausnahmezustand. Ich wurde beschimpft, beleidigt. Oft fragte ich mich: Warum tust du dir das an? Weil ich helfen möchte. Für mich ist es wichtig, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, ihnen Mut zu machen.“
Kopeinig gibt sein Wissen in seiner Akademie weiter, hält Seminare für hinterbliebene Trauernde, bietet die Ausbildung zum Trauerredner und Trauerbegleiter an und arbeitet als Dozent an der Schule für Sozialbetreuungsberufe in Feldkirchen. „Eine Schülerin gestand mir: Anfangs hab’ ich sie gehasst. Jetzt verstehe ich, was sie meinen. Trauer ist keine Krankheit, braucht keine Tabletten. Sie kann aber krank machen, wenn man sich ihr nicht stellt.“