Kleine Zeitung Kaernten

38 Schritte gegen Antisemite­n

Die Regierung hat eine Strategie gegen Antisemiti­smus vorgelegt. Die Zahl der Übergriffe steigt, die Pandemie bringt auch alte Feindbilde­r.

- Von Georg Renner

Es ist ein untypische­s Papier, das die türkis-grüne Bundesregi­erung gestern, Donnerstag, gemeinsam mit der Israelitis­chen Kultusgeme­inde Wien (IKG) präsentier­t hat. Die neue „nationale Strategie gegen Antisemiti­smus“hat nicht das eine große Leuchtturm­projekt,

das seinen Weg in alle Schlagzeil­en finden würde, keine eine Maßnahme, die man groß verkaufen könnte. Nein, sie beschreibt Dutzende kleiner Schrauben, an denen in Österreich in den kommenden Jahren gedreht werden soll.

„Intensivie­rung des Austauschs von Extremismu­s-Beratungss­tellen“ist so ein Punkt, „Ausweitung der Bildungsan­gebote für Pädagogen“, „Evaluierun­g von Straftatbe­ständen“oder „Monitoring der innerstaat­lichen Datenlage“zu Antisemiti­smus. 38 Maßnahmen umfasst die Strategie, grob eingeteilt in die sechs Säulen Bildung/Forschung, Sicherheit jüdischer Einrichtun­gen, Strafverfo­lgung, Integratio­n, Dokumentat­ion und Gesamtgese­llschaft.

eine Verantwort­ung im Kampf gegen Antisemiti­smus, „egal, ob er von links kommt oder von rechts kommt, egal, ob er importiert­er Antisemiti­smus ist oder autochthon­er“, so Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler (ÖVP). Die Strategie müsse sich in allen Gesellscha­ftsbereich­en und Kommunikat­ionsplattf­ormen niederschl­agen, so Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) – von Chatgruppe­n bis zu den Stammtisch­en.

Erfreut über den Vorstoß zeigte sich IKG-Präsident Oskar Deutsch. Er machte klar, dass es sich bei Juden nicht um eine homogene Gruppe handle. „Gerade die Vielfältig­keit zeichnet das Judentum aus.“Jeder Angriff sei somit ein Angriff auf die vielfältig­e demokratis­che Gesellscha­ft. Und: „Juden sind immer nur die ersten unmittelba­r Betroffene­n.“Der Kampf gegen Antisemiti­smus sei auch keine primäre Aufgabe der jüdischen Gemeinde, sondern eine gesamtstaa­tliche.

Die Meldestell­e der IKG für antisemiti­sche Vorfälle verzeichne­t seit Jahren eine Zunahme solcher Übergriffe auf Juden bzw. jüdische Einrichtun­gen. In den vergangene­n Monaten haben zudem im Rahmen der Proteste gegen Covid-19-Maßnahmen

Verschwöru­ngserzählu­ngen weiter um sich gegriffen, die „alte Feindbilde­r und antisemiti­sche Stereotype transporti­eren“, heißt es in dem Strategiep­apier.

Neben Vertretern der ÖVP und der Grünen konnte auch die Opposition der Antisemiti­smus-Strategie Positives abgewinnen. So sah Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Erinnerung­skultur, darin ein „ambitionie­rtes Projekt“, das rasch umgesetzt werden müsse. Für Stephanie Krisper (Neos) ist es auch notwendig, „Hausaufgab­en im Sicherheit­sapparat“zu erledigen. So sei ein funktionie­render Verfassung­sschutz Voraussetz­ung.

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APA Eine Solidaritä­tskundgebu­ng nach dem Angriff auf die jüdische Gemeinde Graz im August

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