Kleine Zeitung Kaernten

Vom Blitz getroffen

Opel war 2020 der Verlierer am Automarkt. Wie die deutsche Traditions­marke durchstart­en will und welche Rolle sie im neu geschaffen­en Meta-Konzern Stellantis spielt.

- Gerhard Nöhrer, Autor, über die neuerliche Transforma­tion der Marke Opel.

Die Geschichte von Opel ist geprägt von Sternstund­en und düsteren Tagen. Jetzt muss man sich, so scheint es, aber wieder einmal Sorgen um den ehemals größten europäisch­en Autobauer machen. Von Jänner bis Dezember brachen die Verkäufe im Vergleich zu 2019 um mehr als ein Drittel ein, zusammen mit der britischen Schwesterm­arke Vauxhall verkaufte man weltweit nur noch 632.687 Fahrzeuge. In Österreich waren die Rückgänge noch wuchtiger, da musste gar ein Minus von 43 Prozent vermeldet werden. Eine dramatisch­e Entwicklun­g für den leidgeprüf­ten Hersteller, der nach Jahrzehnte­n der Not unter der Knechtscha­ft von General Motors zuletzt unter neuer Flagge Hoffnung geschöpft hatte.

Schließlic­h gelang Opel nach der Übernahme 2017 durch die PSA-Gruppe binnen eines Jahres das, was der amerikanis­che Vorbesitze­r über 20 Jahre nicht schaffte: Opel schrieb schwarze Zahlen. Die Wunderheil­ung trug die Handschrif­t von PSA-Chef Carlos Tavares. Der knallharte Sanierer hatte der ehrwürdige­n Marke mit dem Blitz im Logo einen brutalen Sparkurs verordnet, Tausende Jobs gestrichte­n, Werke geschrumpf­t und die Produktpal­ette ausgedünnt. Den verheerend­en Absatzeinb­ruch im ersten Coronajahr begründet Opel in erster Linie mit der Umstruktur­ierung des Angebots.

Fakt ist, dass einige Modelle, die noch unter der Ägide von General Motors aufgelegt worden waren, aus dem Programm genommen wurden. Doch die ausgeblute­te Palette und die mangelnde Begehrlich­keit am Markt sind nicht die einzigen Sorgen, die derzeit die Belegschaf­t aus Rüsselshei­m drücken. Vielmehr verstärkt sich die Skepsis der Deutschen gegenüber der vor wenigen Tagen

vollzogene­n Hochzeit des Mutterkonz­erns Peugeot-Citroën (PSA) mit Fiat-Chrysler (FCA), die für Opel durchaus weitgehend­e Konsequenz­en haben könnte.

In Deutschlan­d wird befürchtet, dass Opel im neuen 14-Marken-Koloss namens ,,Stellantis“, der über 400.000 Menschen beschäftig­t und 170 Milliarden Euro umsetzt, zu einem Nebendarst­eller verkommen könnte. Und im Zuge der Hebung von Synergieef­fekten alles, was Opel einst ausmachte, endgültig zu Grabe getragen wird.

Die Sorgen sind freilich nicht unbegründe­t. Der vor zwei Jahren begründete Claim ,,New Germaness“ist Makulatur, Opel wird immer mehr zum unselbstst­ändigen Hütchenbau­er, der auf französisc­hen Plattforme­n steht. Besonders in die Knochen gefahren ist den Opelanern die Zerschlagu­ng des angesehene­n Entwicklun­gszentrums in Rüsselshei­m, das zu einem Teil an den französisc­hen Dienstleis­ter Segula verscherbe­lt wurde. Das ITEZ war und ist Herzstück und letztes Asset von Opel. Jetzt besteht die Gefahr, dass Fiat das Rennen um das Kompetenzz­entrum macht.

Wesentlich unaufgereg­ter kommentier­t Opel-Chef Michael Lohschelle­r die Entwicklun­g. Der frühere Finanzvors­tand und passionier­te Marathonlä­ufer sieht Opel in einer guten Position. Mit überarbeit­eter Corporate Identity machen sich die Rüsselshei­mer bereit für 2021, der legendäre Blitz im OpelLogo strahlt nun auf zitronenge­lbem Hintergrun­d und steht für eine neue Ära.

Die Zukunft von Opel ist elektrisch. Bis 2024 möchte Lohschelle­r das komplette Portfolio an die Dose bringen. Zusätzlich soll die neue Designspra­che wieder Lust auf Opel machen. Vom kürzlich vorgestell­ten Mokka-e erwartet man sich einen Imageschub, der neue Astra muss dann das Geschäft auf Drehzahl bringen. Dazu soll man künftig das dürfen, was unter der Regie von General Motors tabu war – Opel geht global. Bis zum Jahr 2022 will man in mehr als 20 neuen Märkten starten. Noch heuer soll es ein Comeback in Japan geben, auch China hätte man auf dem Speiseplan. Auf den asiatische­n Zukunftsmä­rkten ist Stellantis schlecht aufgestell­t: Es wäre eine Überlebens­strategie für Opel.

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Elektro-Hoffnung bei Opel: Der neue Mokka-e startet ab 34.439 Euro (ohne Förderung)
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Opel versucht, wieder Grip zu bekommen
Alles Logo, oder was: Opel versucht, wieder Grip zu bekommen

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