Die Spitzenpolitik wird zu einer runden Sache
Spitzenpolitikerinnen mit Babybauch sind keine Rarität mehr. Politiker in Väterkarenz haben hingegen weiterhin Seltenheitswert.
Politikerinnen mit Babybauch, vor wenigen Jahren noch eine Rarität in Österreich. In den letzten Jahren hat sich das geändert. Allein in der aktuellen türkis-grünen Regierung erwartet mit Integrationsund Frauenministerin Susanne
Raab (ÖVP) nun die zweite Ministerin ein Kind. Die 36-Jährige, die mit dem Abtritt von Christine Aschbacher erst kürzlich auch die Familien- und Jugendagenden übernommen hat, wird zum ersten Mal Mutter. Das Kind soll im Juli zur Welt kommen, wer ihre Agenden übernehmen wird, wenn sie im Sommer zu Hause bleibt, ist noch unklar. Danach werde ihr Mann in Karenz gehen, ließ Raab wissen. Erst am Dreikönigstag wurde Justizministerin Alma Zadic´ (Grüne) Mutter eines Sohnes, sie befindet sich aktuell in Babypause. Ab März wechselt ihr Mann in die Väterkarenz.
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wurde bereits in der türkis-blauen Regierung Mutter eines Sohnes. Auch hier wechselte nach ihrer Babypause ihr Ehemann in die Karenz. Köstinger sprach damals offen über die Doppelbelastung von Familie und Beruf in der Politik. Letzteres sei „extrem fordernd“, zudem werde jede sichtbare Müdigkeit und Gewichtszunahme sofort thematisiert. Doch die erste Ministerin mit Babybauch saß bereits 2006 im Nationalrat. Karin Gastinger, die in der Regierung Schüssel II BZÖ-Justizministerin war, brachte in ihrer Amtszeit einen Sohn zur Welt.
Hitzige Debatten über die Vereinbarkeit von Familie und Politik löste jedoch keine Ministerin, sondern eine stellvertretende Parteichefin aus. Die damalige Grünen-Politikerin Eva Glawischnig ließ sich mit Babybauch in einem Frauenmagazin ablichten und stürzte sich aktiv in den Wahlkampf für die Nationalratswahl 2006. Drei Jahre später bestritt sie den EUWahlkampf schwanger. Beate Meinl-Reisinger bekam 2019 als Neos-Parteichefin ihr drittes Kind. Weniger positive Erfahrungen mit einer Schwangerschaft im politischen Leben hat die frühere FPÖ-Landesrätin Magda Bleckmann gemacht.
habe man 2000 von einer Spitzenkandidatur bei der steirischen Landtagswahl abgeraten, weil das Amt nicht mit ihrer Mutterrolle vereinbar sein. Erst sechs Jahre später zog sie sich endgültig aus der Politik zurück.
Spitzenpolitiker in Väterkarenz bleiben eine Seltenheit. Das prominenteste Beispiel: HeinzChristian Strache, der als Vizekanzler nach der Geburt seines dritten
Kindes für einige Wochen in Karenz ging. Finanzminister Gernot Blümel sah in der Krise hingegen keine Möglichkeit für eine Karenz, als er vergangenen März Vater wurde. Für Regierungs- und Nationalratsmitglieder gibt es bis heute keine bezahlte Karenz. Dass diese für bestimmte Funktionen überhaupt möglich ist, ist auch dem früheren Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) zu verdanken. Der damalige Behindertenanwalt forderte 2011 eine Karenz, eine GesetzesänIhr derung wurde nötig. Applaus erhielt auch der ehemalige steirische Vize-Landeschef Michael Schickhofer (SPÖ) dafür, dass er 2018 einen „Papamonat“in Anspruch genommen hatte.
Amt und Schwangerschaft in Einklang bringen können, hatte zuletzt die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern bewiesen. 2018 bekam sie ihre Tochter. Die weltweit erste gewählte Regierungschefin, die in ihrer Amtszeit Mutter wurde, war die damalige pakistanische Premierministerin Benazir Bhutto. Sie wurde 1990 zum zweiten Mal Mutter.