Der alte Mann auf dem Podest
Der Mann aus Tignes liebt Kitzbühel und wartet auf den Sieg.
Den Rekord in der Abfahrt, den hatte er ohnehin schon. Seit dem Vorjahr war Johan Clarey, Spitzname „Yo“, der älteste Fahrer, der je auf dem Podest einer Weltcupabfahrt gestanden war. Seit gestern ist er der älteste Fahrer über alle Disziplinen, dem das gelang – und der erste, der den Vierziger schon hinter sich hat. Abgejagt hat er diesen Rekord dem Schweden Patrik Järbyn, der in der Saison 2008/09 mit 39 Jahren und acht Monaten noch aufs Podest eines Super-G gerast war.
„Man ist immer zufrieden, wenn man aufs Podest kommt“, meinte Clarey, der noch im Abschlusstraining am Donnerstag für Schlagzeilen der anderen Art sorgte, als er nach dem Zielsprung zu Sturz gekommen war. „Schmerzhaft“, sei daher die erste Abfahrt noch gewesen, am Morgen hatte er sogar selbst den Start infrage gestellt, schließlich wurde es Rang vier. Nach einem Tag Pause fuhr er nun in Kitzbühel auf Platz zwei und erinnert sich: „Ich war dabei, als Patrik mit 39 noch in die Top drei fuhr. Ich habe mit ihm gesprochen, mir aber nie vorstellen können, dass ich das je schaffen könnte.“Dass dieser Erfolg just in Kitzbühel gelang, ist keine Sensation, immerhin hält er nun in der Gamsstadt bei drei Podestplätzen, acht sind es insgesamt.
Dass Clarey, der sich und seinem Team den Spitznamen „Attacking Croissants“verpasst hat, noch fährt, hat auch mit dem Schicksal zu tun. Im Herbst 2017 war sein Zimmerkollege David Poisson im Training in Kanada tödlich verunglückt. „25 Jahre habe ich das Zimmer mit ihm geteilt“, erzählte Clarey damals, „das erste Jahr danach war ich wie ein Geist. Es ging nur darum, zu überleben. Und nach dieser Saison habe ich mir gesagt: So willst du nicht aufhören.“Er machte weiter und hofft noch immer auf einen Sieg: „Heute war es wieder knapp.“Einmal, in Gröden 2011, war er knapp dran, sein Sieg in der Abfahrt schien festzustehen. Ehe die Österreicher auf einen Abbruch drängten; der Wind wurde zu stark. Clarey wütete – und läuft dem großen Wurf seither hinterher.