Jürgen Öllinger, evangelischer Pfarrer, ist einer der beliebtesten Religionslehrer des Landes.
Jürgen Öllinger (54), evangelischer Pfarrer in St. Ruprecht bei Villach, ist einer der beliebtesten Religionslehrer des Landes. Er sieht die Trauerarbeit in der Krise.
Für sein Gewicht ist er zu verspielt, ein bisserl patschert, aber am Ende jeder Begegnung steht dieser herzige Blick, dem sich niemand entziehen kann. Jeder in St. Ruprecht bei Villach kennt Django, den Hund von Pfarrer Jürgen Öllinger und „Trauerbegleiter“, wie ihn sein Herrl nennt. Denn Trauer und der Umgang damit haben über Wochen hinweg das Leben in der größten evangelischen Landgemeinde Kärntens dominiert: Im März 2019 war Öllingers Pfarrerkollege Norman Tendis, Klimaschutzaktivist und Familienvater, bei einem Flugzeugabsturz in Afrika ums Leben gekommen.
„In der Trauer zerfallen wir alleine in alle Einzelteile. Deshalb brauchen wir die Stütze der anderen Menschen, in Stille, aber auch in Gesprächen“, sagt Öllinger. Django half und hilft in vielen Situationen dabei, ins Gespräch zu kommen, egal worüber. Bei einer anderen Hauptaufgabe des Seelsorgers muss der Boxer allerdings passen. Der 54-Jährige unterrichtet Religion am CHS und am Peraugymnasium in Villach – mit einem amtlich attestierten „sehr guten“Erfolg. Die Abmeldequote in der Oberstufe beträgt null.
Religionsunterricht ist für Öllinger „Beziehungsarbeit“. Über Videokonferenzen wie jetzt im Lockdown sei dies nur eingeschränkt möglich. „Alle leiden unter der Situation. Das Verständnis der Schüler für die Maßnahmen ist natürlich da, aber sie wollen Klarheit. In der Schulpolitik sollte es wie im Religionsunterricht besonders ums Zuhören gehen“, kritisiert der Geistliche. Jugendliche scheint er begeistern zu können. Drei seiner ehemaligen Schüler studieren mittlerweile evangelische Theologie.
Das Gegenteil kennt der gebürtige Oberösterreicher aus seiner eigenen Schullaufbahn. Er besuchte das wegen Missbrauchsfällen in die Schlagzeilen geratene Stiftsgymnasium Kremsmünster. Die spätere Jobwahl reifte im Konfirmationsunterricht, Öllinger studierte in der Schweiz, in Holland und in Wien. Danach war er acht Jahre lang, wie er es nennt, „Flüchtlingspfarrer“im niederösterreichischen Traiskirchen, bevor er anno 2000 nach Villach kam, zuerst in die Pfarre Stadtpark, 2014 nach St. Ruprecht. Dazwischen bewies er in der Freizeit als zweimaliger Ironman-Teilnehmer sportliche Ausdauer.
Beruflich wie privat hat ihn der Umgang mit Trauer nie ganz losgelassen und durch die Coronakrise noch mehr Aufladung erfahren. „Mit dem Tod können die meisten nur sehr schwer umgehen. Und jetzt kommt noch Angst dazu, verursacht durch die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen. Die Zahl der Urnenbestattungen ist stark gestiegen, die Menschen werden, ich kann es leider nicht anders nennen, verscharrt“, sagt Öllinger, der sich dazu von seiner Kirche manchmal klarere Worte wünschen würde. „Ich versuche, Angehörige davon zu überzeugen, in Würde Abschied zu nehmen, und anderen diesen Abschied zu ermöglichen. Auch das gehört zum Leben.“