Kleine Zeitung Kaernten

Türkise Strategie und die grüne Ohnmacht

Abschiebun­g belastet Koalition: Bundespräs­ident und Vizekanzle­r zeigen sich empört.

- „Zutiefst betroffen“: Van der Bellen Michael Jungwirth

In Kreisen der Grünen ist man mit einer Erklärung schnell zur Stelle: Die Abschiebun­g sei in erster Linie ein Manöver, um von der Schreddera­ffäre, die am Mittwoch den U-Ausschuss beschäftig­t hat und die bis ins Vorzimmer des Kanzlers hineinreic­ht, abzulenken. Der Fall liege seit 2019 auf dem Tisch, solche Entscheidu­ngen würden im hierarchis­ch organisier­ten Innenminis­terium nie dem Zufall überlassen. Im Übrigen besitze die Behörde einen Ermessenss­pielraum, von einem Automatism­us könne keine Rede sein. Ähnlich äußerte sich der Chef der Vorarlberg­er Grünen, Johannes Rauch.

„Wir sitzen in der Regierung, damit die

Dinge besser werden“, erklärte Gesundheit­sminister

Rudolf Anschober sichtlich ernüchtert. „Oft gelingt es uns, in der Nacht auf heute ist es uns nicht gelungen.“Vizekanzle­r Werner Kogler zeigte sich empört. „Dass in den Morgenstun­den gut integriert­e Mädchen abgeschobe­n wurden, ist unmenschli­ch und unverantwo­rtlich. Wenn der Innenminis­ter jetzt behauptet, er kann in dieser Rechtslage nicht anders handeln, kann ich nur sagen: Es gibt keine zwingende rechtliche Verpflicht­ung zur Abschiebun­g von Schulkinde­rn, die hier in Österreich aufgewachs­en sind und gut integriert sind.“Bundespräs­ident Van der Bellen zeigte sich angesichts der Abschiebun­gen „zutiefst betroffen“. „Ich kann und will nicht glauben, dass wir in einem Land leben, wo dies in dieser Form wirklich notwendig ist.“

Schon der Streit um die Aufnahme von Kindern aus Moria hat gezeigt, dass die Grünen in der Migrations­politik koalitions­intern am kürzeren Ast sitzen. „Wir haben keine Mehrheit im Parlament für einen anderen Kurs“, verteidigt­e sich gestern neuerlich ein ranghoher Grüner. Dass die Grünen als Juniorpart­ner ohnmächtig dem Treiben der ÖVP zusehen, erzürnt zusehends die grüne Basis. Die Empörung in den sozialen Medien war ohne Beispiel.

Die Hoffnung, dass die Türkisen intern unter Druck geraten (schwarze, christlich­soziale Kreise) und in der Flüchtling­spolitik in die Mitte rücken, war immer eine Illusion. Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz orientiert sich an der alten Strategie der bayrischen CSU, die den Rand nach rechts immer abgedichte­t hat. Die türkise Volksparte­i unternimmt alles, um den Freiheitli­chen keinen Vorwand für politische Angriffe in der Migrations­politik zu liefern, deshalb auch die unbeugsame Haltung bei Moria. Gestützt auf Umfragen weiß der Kanzler die Mehrheit der Österreich­er in der Flüchtling­sfrage hinter sich.

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APA (2)
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„Unmenschli­ch, unverantwo­rtlich“: Kogler

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