„Da haben wir richtig kämpfen müssen“
Architekt Josef Klingbacher erhielt den Baukulturpreis des Landes. Ein Gespräch über Demut, nachhaltiges Planen und „belanglose Schachteln“.
Bei der Kulturpreisverleihung im vergangenen Dezember hat Ihre Laudatorin Sonja Gasparin kurz erwähnt, dass Sie mitgeholfen hätten, das Liaunig Museum nach Kärnten zu bringen. Ist da etwas dran?
JOSEF KLINGBACHER: Ein bissl was. Das Museum war ja schon fix in Innsbruck geplant. Herbert Liaunig hatte zu jener Zeit die Jenbacher Werke als Sanierungsfall übernommen und gute Beziehungen zur Tiroler Politik. Landeshauptmann Herwig van Staa hat ihm mitten in Innsbruck ein Grundstück gratis angeboten. Nach der Landesausstellung in St. Paul kamen wir in Kontakt mit Liaunig, weil ihm gefiel, was wir da gemeinsam mit Architekt Loranzi gemacht hatten. Ich habe dann auch die Firma Wild in Völkermarkt für ihn geplant. Er wohnte damals schon im Schloss Neuhaus und ich meinte, ob es nicht geschickt wäre, wenn das Museum in der Nähe wäre.
Also in Neuhaus?
Davon war erst später die Rede. Ich hab ihm zuerst den Floh ins Ohr gesetzt, sein Museum in der St. Pauler Stiftsmeierei unterzubringen. Die Ausschreibung dafür war schon fertig, als Liaunig die Jenbacher Werke verkaufte und seine gesamte Kunstsammlung nach Kärnten übersiedeln wollte. Nach Diskussionen mit den Stiftsherren hat er schließlich den Grund in Neuhaus als Bauplatz gewählt. Mir hätte St. Paul ja besser gefallen. Aber was da vom Wiener Büro „querkraft“als Neubau geschaffen wurde, davon bin ich restlos begeistert.
Sie haben den Würdigungspreis für Baukultur unter anderem wegen Ihrer gediegenen Landesausstellungsprojekte bekommen. Bei welchem konnten Sie Ihre Ideen am besten verwirklichen?
Ich glaube, in Ferlach.
Was ist da besonders gelungen? Dass es ein extrem günstiges Projekt war und räumlich auch heute noch wunderbar funktioniert – als eine gute Kombination zwischen Alt und Neu. Es ist letztlich auch in Friesach die Nachnutzung halbwegs gelungen. Aber da haben wir richtig kämpfen müssen.
Um was zu erreichen?
Die damaligen Landesvertreter haben gesagt, jetzt machen wir einmal die Landesausstellung und dann schauen wir weiter. Von Nachnutzung keine Rede. Ich habe aber nicht nachgegeben, bis die Entscheidung gefallen ist, dass dort die Gemeinde hineinkommt. Hätte man in Hüttenberg auch so geplant, dann wäre das wirklich wunderbare Projekt von Günther Domenig heute keine Ruine. Als nicht isolierter Stahlbau ist es kaum nutzbar. Domenig hat übrigens auch das Schloss Neuhaus ausgebaut. Es wurde eine der schönsten Sachen, die er gemacht hat.
Architektur – siehe Neuhaus – hat das Image, nur etwas für wohlhabende Leute zu sein. Wird sich daran jemals etwas ändern? Eher nicht. Im privaten Bereich werden die Architekten von den kolportierten fünf Prozent Planungsanteil kaum wegkommen. Gott sei Dank gilt dies nicht für meine eigene Schaffenszeit. Ich habe viele Projekte für kulturferne Randgruppen bis hin zu bäuerlichen Bauaufgaben umsetzen dürfen. Es ist allerdings richtig, dass es den Architekten sehr schwer gelingt, den Mehrwert einer guten Planung zu vermitteln.
Wird das Reden über Baukultur nicht zur leeren Phrase, wenn nur die allerwenigsten privaten Bauprojekte professionell geplant werden?
Der Begriff ist wichtig, aber man sollte sich auch nicht allzu viel erwarten. Die großen Versäumnisse sind schließlich nur noch schwer korrigierbar, von der Zersiedelung bis zur Austrocknung der Ortskerne, von der Raumplanung der 60er- und 70er-Jahre bis zu den Genehmigungsabläufen in den Gemeinden. Wenn man sich die Bezirksstädte anschaut, ob ich nun Wolfsberg oder Spittal hernehme, da fährst du zwischen den einzelnen belanglosen Schachteln durch, bis du zum Ortskern kommst. Das Problem ist, dass diese Einkaufszentren deswegen so erfolgreich sind, weil jeder von uns ein fauler Hund ist und mit dem Auto möglichst bis zur Kassa fahren will. Und das können die alten Städte nicht leisten. Von daher ist Baukultur schon ziemlich abgehakt. Ich bin ja überhaupt der Meinung, dass unsere Aufgabe vielfach in der Revitalisierung liegt und nur in Ausnahmefällen im Neubau.
Wie viel Prozent Ihrer Projekte waren Neubauten?
Ich würde sagen, 60 Prozent waren Revitalisierungen und 40 Prozent Neubauten. Ich glaube, dass man als Architekt eine gewisse Demut entwickeln und seine Auftragsgeilheit ablegen sollte. Man muss nicht alles machen und schon gar nicht Hackln schmeißen, um an Aufträge zu kommen.
Sie haben also nie versucht, Mitbewerbern Projekte abspenstig zu machen, etwa nach verlorenen Wettbewerben?
Es hat einmal den Fall gegeben, dass ein Kollege bei einem Wettbewerb den ersten Preis bekommen hat und ich Zweiter wurde. Und er sollte laut Jury gute Gedanken von meinem Projekt übernehmen. Da haben wir uns zusammengeredet und es ist statt Konkurrenz eine wunderbare Partnerschaft daraus geworden.
Gab es unter Ihren Projekten auch Flops?
Es gibt natürlich eine ganze Hierarchie von besseren und weniger guten Sachen. Zum Beispiel haben wir viele Jahre für die Firma Rutar gearbeitet. Den Umbau in St. Veit, die Adaptierungen in Eberndorf und Villach würde ich heute mit einem Fragezeichen versehen, weil sie mir zu geschmäcklerisch erscheinen. Aber etwas, wofür ich mich genieren müsste, gibt es zum Glück nicht.
Sie sind jetzt 71 und haben offenbar immer noch Lust zu arbeiten. Was sind Ihre nächsten Pläne?
Lust zu arbeiten, ist ein wenig übertrieben. Aber wenn sich etwas Interessantes ergibt, bin ich gerne als Berater tätig oder mache den einen oder anderen Einreichplan. Aber selber umsetzen mag ich nichts mehr.