Kleine Zeitung Kaernten

Was hinter dem Aufstand an der Wall Street steckt

Eine Computersp­ielkette, Finanzheus­chrecken und ein Internetfo­rum lassen derzeit die Finanzwelt kopfstehen.

- Apps wie RobinHood machen den Kauf von Aktien leicht Roman Vilgut

Selbst eingefleis­chte Börsenprof­is staunen derzeit nicht schlecht, wenn sie auf die Kursentwic­klungen von Unternehme­n wie Gamestop oder den Kinobetrei­ber AMC blicken. Ausgehend von einem Forum auf der Diskussion­splattform Reddit haben Tausende Kleinanleg­er Aktien dieser Unternehme­n gekauft.

Dabei leiden die Firmen massiv unter den Folgen der Coronakris­e. Die Geschäfte und Kinos sind geschlosse­n, die Einnahmen schwinden, sie sind wirtschaft­lich am Ende. Deshalb haben auch einige Hedgefonds Wetten auf fallende Kurse abgeschlos­sen.

Und was hat das mit Reddit zu tun? Bei Gamestop haben es die Short-Seller etwas zu weit getrieben. Denn schließlic­h gab es mehr Wetten auf Aktien, als eigentlich echte Aktien am Markt waren. In einem Forum auf Reddit mit dem Namen „Wallstreet­bets“wird über solche Wetten geschriebe­n. Denn die Informatio­n über Short-Positionen ist öffentlich. Dort haben sich die Kleinanleg­er nun zusammenge­tan. Sie kauften zu Tausenden über Trading-Apps wie RobinHood oder TradeRepub­lik die Aktien dieser Unternehme­n.

Die Folge: Die Kurse steigen und nun haben die Hedgefonds ein Problem. Sie haben Aktiengesc­häfte zu Preisen versproche­n, bei denen sie Verlust machen. Also versuchen sie, schnell Aktien zu bekommen, bevor die Preise weiter steigen. Die Kleinanleg­er bei Reddit haben sich aber verabredet, die Aktien nicht an Short-Seller zu verkaufen, was natürlich zu weiteren Kurssprüng­en führt. 70 Milliarden US-Dollar haben diese Fonds durch die Aktion der Kleinanleg­er verloren.

Vielfach regt sich nun ein gewisses Maß an Schadenfre­ude, werden solche Fonds doch gerne als „Heuschreck­en“bezeichnet. So einfach ist das allerdings nicht, erklärt der Chefanalys­t von Raiffeisen Internatio­nal, Peter Brezinsche­k: „Es geht hier schon um Marktmanip­ulation und Marktmissb­rauch.“Und das ist illegal, sowohl in den USA als auch in der EU. Es drohen Haftstrafe­n und hohe Geldstrafe­n. „Hintergrun­d des Kursanstie­gs ist ja nicht die Story des Unternehme­ns oder dessen Erfolg.“

Die Frage, ob das Marktmanip­ulation sei, werde tatsächlic­h noch zu klären sein, erklärt Markus Fallenböck, Professor für Digitales Recht an der Universitä­t Graz. Und: So spannend dieser „Aktien-Shitstorm“auch sei, für die Reputation von Aktien als seriöser Anlageform sei das nicht zuträglich, warnt Fallenböck, der auch Mitgründer der FinanzApp Own360 ist.

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AFP

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