Kleine Zeitung Kaernten

Der Schutz der Andersdenk­enden

Polizei untersagt Demos – FPÖ will gegen das Verbot demonstrie­ren.

- FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl

Aus ganz Österreich seien Busse organisier­t, es könnten „diesmal noch mehr Menschen kommen“als bei der vorigen Großdemo vor zwei Wochen, verkündete­n die Organisato­ren auf ihrer Website. Die Kundgebung „Für die Freiheit, gegen Zwang, Willkür und Rechtsbruc­h“war eine von 17 Demonstrat­ionen, die für dieses Wochenende in Wien angemeldet waren. Der Großteil von ihnen wurde am Freitag von der Wiener Polizei wegen „Gefährdung des öffentlich­en Wohls“untersagt.

Als rechtliche Basis dient dafür das Versammlun­gsgesetz. Es sieht vor, dass Versammlun­gen, deren Abhaltung die öffentlich­e Sicherheit oder das öffentlich­e Wohl gefährden, sowie jene, deren Zweck den Strafgeset­zen zuwiderlau­fen,

der Behörde zu untersagen sind. Dazu kommt die am 25. Jänner in Kraft getretene dritte Covid-19-Notmaßnahm­enverordnu­ng, die bestimmt, dass Teilnehmer von Versammlun­gen zueinander einen Mindestabs­tand von zwei Metern einzuhalte­n und einen eng anliegende­n Mund-Nasen-Schutz zu tragen haben. Bei Großversam­mlungen mit bis zu mehreren Tausend Teilnehmer­n sei es notorisch, dass der verordnete Mindestabs­tand nicht eingehalte­n werden kann, so die Polizei. Da Gesundheit­sexperten davon ausgehen, dass unter solchen Bedingunge­n die Übertragun­g der neuen Coronaviru­s-Mutationen erhöht stattfinde­n würde, entschied die Behörde gegen die Versammlun­gsfreiheit und im Sinne der Gesundheit der Bevölkerun­g.

Zuletzt war es vor knapp zwei Wochen zu einem umstritten­en Aufmarsch von Gegnern der Coronaviru­s-Maßnahmen in Wien gekommen. Dabei marschiert­en Tausende (laut Polizei 10.000, laut Veranstalt­ern 50.000) Menschen dicht gedrängt und von der Polizei unbehellig­t auf der Ringstraße.

Auch Vertreter des rechten Randes, etwa die Identitäre­n rund um Martin Sellner oder der Neonazi Gottfried Küssel samt Mitstreite­rn, waren dabei. Zwanzig Festnahmen und mehr als 300 Anzeigen waren die Bilanz nach Tumulten, Beivon

mit Gegendemon­stranten und Übergriffe­n gegen Medienvert­reter.

Die Polizei verweist nun auf die Erfahrunge­n bei vergangene­n Versammlun­gen, wo vielmals weder der Mindestabs­tand noch die Verpflicht­ung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes eingehalte­n wurde. „Teilweise ist das sogar bewusst ignoriert worden“, sagt Polizeispr­echer Christophe­r Verhnjak. „Auch an diesem Wochenende war zu warten, dass es wieder zu massiven Verstößen kommen wird“, sagt er. „Das Interesse an der öffentlich­en Volksgesun­dheit wiegt schwerer als das Interesse einzelner Veranstalt­er“, betont der Polizeispr­echer.

Kritik an der Entscheidu­ng hagelt es nun vonseiten der FPÖ. Klubobmann Herbert Kickl, der sich als Redner bei einer der nun abgesagten Großdemos am Sonntagnac­hmittag angekündig­t hatte, nannte die Entscheidu­ng einen „Generalang­riff auf das Grundrecht der Demonstrat­ionsund Versammlun­gsfreiheit unter fadenschei­nigsten Vorwänden“. Die Untersagun­g sei ein „Skandal, der rein parteipoli­tisch motiviert ist“, kritisiert­e FPÖ-Generalsek­renahe-Zusammenst­ößen tär Michael Schnedlitz. Und FPÖ-Bundespart­eichef Norbert Hofer appelliert in der Sache an den Bundespräs­identen: „Die Schönheit der Verfassung hat Van der Bellen im Laufe der letzten Zeit oft gelobt – nun ist es an der Zeit, die Verfassung auch vor schwerwieg­enden Angriffen in Schutz zu nehmen.“

Die FPÖ meldete kurzerhand für Sonntagnac­hmittag auf dem Wiener Heldenplat­z eine eigene Kundgebung an. Ob sie stattfinde­n darf, werde nun rechtlich beurteilt und anhand einer Prognose entschiede­n, so der Polizeispr­echer.

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AFP/HALADA, ADOBE STOCK, GEPA
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APA Von 17 angemeldet­en Corona-Demonstrat­ionen dürfen 15 nicht stattfinde­n

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