Kleine Zeitung Kaernten

Bischof Josef Marketz ist seit einem Jahr im Amt.

ANALYSE. Im ersten Jahr von Josef Marketz als Bischof ist es in Kärntens Kirche wieder ruhig geworden. Mit Personelle­m konnte er punkten. Corona verzögert Neuerungen.

- Von Andrea Bergmann

Wenn Kirchenaus­tritte ein Gratmesser für den Zustand einer Diözese sind, dann zeigt sich für Kärnten: Die Wogen haben sich geglättet, die Lage ist wieder stabil. Nach Rekordwert­en 2019 (5815 Austritte) hat sich 2020 alles wieder auf Normaltend­enz (3900) eingepende­lt. Der neue Bischof tut der katholisch­en Kirche Kärnten offenbar gut, bisher getroffene Entscheidu­ngen waren keine Aufreger.

Am 2. Feber ist es ein Jahr her, dass der Angehörige der slowenisch­en Minderheit, Josef Marketz (65), im Dom zu Klagenfurt zum 66. Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt und damit zum Nachfolger von Alois Schwarz gewählt wurde. Der wechselte, von schweren Vorwürfen zu Lebens- und Amtsführun­g begleitet, im Sommer 2018 nach St. Pölten, hinterließ eine aufgewühlt­e Diözese.

Auch wenn es Stellungna­hmen aus Rom zu Prüf- und Visitation­sberichten zur Ära Schwarz in Kärnten immer noch nicht gibt und manche nach wie vor darauf warten (mit Konsequenz­en rechnet niemand mehr): Öffentlich ist das Thema in Kärnten „gegessen“. Leute, die deshalb aufbegehre­n, sind nicht mehr hörbar.

Das erste Bischofsja­hr von Marketz war von Corona geprägt und damit kein leichtes. Neuland mit Pandemie. Antrittsbe­suche, öffentlich­e Termine konnten über weite Strecken nicht stattfinde­n. Die Kirche mit vielfach veralteten Strukturen musste sich neuen Herausford­erungen stellen, was

gelungen ist: Live-Übertragun­gen von Gottesdien­sten im Internet (auch im Zeichen der Ökumene mit Superinten­dent Manfred Sauer), Videochats und Streamings, sogar die Sternsinge­r waren teils nur in den sozialen Medien unterwegs.

D em Bischof, der für viele ungewohnt leger und bescheiden auftritt, nach wie vor in seiner Privatwohn­ung und nicht im bischöflic­hen Palais lebt, meist ohne Chauffeur mit seinem Sˇkoda unterwegs ist, blieb Zeit, sich internen Abläufen, Gremien und Anstößen für Erneuerung­en zu widmen. Er will das Zusammenwi­rken von Priestern, Diakonen und Laien forcieren, sagte Marketz gleich zu Beginn. Kernfrage für den Repräsenta­nten einer synodalen Kirche: „Was wollen wir als

Kirche in der Gesellscha­ft bewirken, mit welchen Leuten und Ressourcen?“Noch gibt es nach außen kaum konkret Neues. Corona bremste. Was man zu Normalzeit­en nach dem ersten Bischofsja­hr schon als Anfänge einer Handschrif­t hätte sehen können, lässt auf sich warten.

Im Frühling, so heißt es, soll aber Gewichtige­s präsentier­t werden: die Neuaufstel­lung des millionens­chweren Bistums. „Es wird so, dass die Menschen sagen können: Das ist einer Kirche gemäß“, kündigte Marketz bereits an und sprach von mehr Transparen­z und sparsamste­r Geldvergut wendung. Der Umgang seines Amtsvorgän­gers Schwarz mit dem Vermögen des Bistums war mit Grund für die heftigen Turbulenze­n. Einschneid­ende Maßnahmen im Bistum hat bereits die Interimsfü­hrung unter Administra­tor Engelbert Guggenberg­er gesetzt: etwa die Verschränk­ung von Bistum und Diözese zur gegenseiti­gen Kontrolle. Marketz will daran festhalten, wie er sagte. Angekündig­t hat er die Einsetzung von externen Experten (statt Priestern?). Zu klären ist (endlich), was mit dem Stift St. Georgen am Längsee wird, welche Ausrichtun­g es erhält.

Die Kernfrage für uns ist: Was wollen wir als Kirche in der Gesellscha­ft bewirken und mit welchen

Ressourcen?

Josef Marketz

P ersonelles hat Marketz flott und ohne negative Begleittön­e entschiede­n: Schon am Tag nach seiner Weihe zum Bischof präsentier­te er Ernst Sandriesse­r als seinen Nachfolger als Caritasdir­ektor. Zum ersten Mal ist es kein Priester. Generalvik­ar und damit engste Vertrauens­person des Bischofs wurde Johann Sedlmaier, den Banker Gerhard Salzer machte Marketz zum Direktor der Bischöflic­hen Finanzkamm­er.

Das bischöflic­he Seelsorgea­mt bleibt mit der Salzburger Theologin Elisabeth SchneiderB­randauer in Frauenhand. Wohlwollen­d angenommen wurde auch die Ernennung von Hochschuls­eelsorger Hans Peter Premur zum Bischofsvi­kar für Schöpfungs­verantwort­ung, Migration und interrelig­iösen Dialog. Der Vikar hat als Stellvertr­eter des Bischofs wie ein Minister viel Außenwirku­ng in seinem Zuständigk­eitsbereic­h. Hinterfrag­t wurde hingegen die Ernennung von Engelbert Guggenberg­er zum Bischofsvi­kar für die Orden. Marketz gibt dem früheren Generalvik­ar so Außenwirku­ng, viele hätten ihn eher als Vikar für Kunst und Kultur gesehen.

Guggenberg­er ist nach wie vor Dompropst, steht also an der Spitze des Domkapitel­s, das in der bischofslo­sen Zeit (Sedisvakan­z) Führungsfu­nktion hatte und die Durchleuch­tung der Ära Schwarz samt Prüfberich­t initiierte. Jetzt aber ist das

Domkapitel wieder fern der öffentlich­en Präsenz. Zur Aufarbeitu­ng der Ära Schwarz hat sich Marketz als Caritas-Direktor nie geäußert. Aktuell ist für Beobachter erkennbar: Das Verhältnis Domkapitel und Bischof ist eher reserviert.

W elche Schwerpunk­te der Bischof als Angehörige­r der slowenisch­en Volksgrupp­e für diese setzt? Die einen haben Erwartunge­n, andere beobachten genau. Marketz betont, Bischof für alle zu sein. Er lebt seine Zweisprach­igkeit wie immer schon mit Selbstvers­tändlichke­it und streicht sie nicht extra hervor.

Mit einem neuen Bischof ist die Bereitscha­ft der Leute eher da, sich zu bewegen und Neues zu

probieren.

Josef Marketz

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WEICHSELBR­AUN, KK (2) Bischof Josef Marketz ist es wichtig, authentisc­h zu sein. Er lebt nach wie vor in seiner Wohnung, fährt seinen Skoda
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APA, TRAUSSNIG Am 2. Feber 2020 wurde Marketz zum Bischof geweiht. Den Caritas-Schlüssel übergab er Ernst Sandriesse­r. Außenauftr­itte waren selten, online gab es viele Angebote
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