Bischof Josef Marketz ist seit einem Jahr im Amt.
ANALYSE. Im ersten Jahr von Josef Marketz als Bischof ist es in Kärntens Kirche wieder ruhig geworden. Mit Personellem konnte er punkten. Corona verzögert Neuerungen.
Wenn Kirchenaustritte ein Gratmesser für den Zustand einer Diözese sind, dann zeigt sich für Kärnten: Die Wogen haben sich geglättet, die Lage ist wieder stabil. Nach Rekordwerten 2019 (5815 Austritte) hat sich 2020 alles wieder auf Normaltendenz (3900) eingependelt. Der neue Bischof tut der katholischen Kirche Kärnten offenbar gut, bisher getroffene Entscheidungen waren keine Aufreger.
Am 2. Feber ist es ein Jahr her, dass der Angehörige der slowenischen Minderheit, Josef Marketz (65), im Dom zu Klagenfurt zum 66. Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt und damit zum Nachfolger von Alois Schwarz gewählt wurde. Der wechselte, von schweren Vorwürfen zu Lebens- und Amtsführung begleitet, im Sommer 2018 nach St. Pölten, hinterließ eine aufgewühlte Diözese.
Auch wenn es Stellungnahmen aus Rom zu Prüf- und Visitationsberichten zur Ära Schwarz in Kärnten immer noch nicht gibt und manche nach wie vor darauf warten (mit Konsequenzen rechnet niemand mehr): Öffentlich ist das Thema in Kärnten „gegessen“. Leute, die deshalb aufbegehren, sind nicht mehr hörbar.
Das erste Bischofsjahr von Marketz war von Corona geprägt und damit kein leichtes. Neuland mit Pandemie. Antrittsbesuche, öffentliche Termine konnten über weite Strecken nicht stattfinden. Die Kirche mit vielfach veralteten Strukturen musste sich neuen Herausforderungen stellen, was
gelungen ist: Live-Übertragungen von Gottesdiensten im Internet (auch im Zeichen der Ökumene mit Superintendent Manfred Sauer), Videochats und Streamings, sogar die Sternsinger waren teils nur in den sozialen Medien unterwegs.
D em Bischof, der für viele ungewohnt leger und bescheiden auftritt, nach wie vor in seiner Privatwohnung und nicht im bischöflichen Palais lebt, meist ohne Chauffeur mit seinem Sˇkoda unterwegs ist, blieb Zeit, sich internen Abläufen, Gremien und Anstößen für Erneuerungen zu widmen. Er will das Zusammenwirken von Priestern, Diakonen und Laien forcieren, sagte Marketz gleich zu Beginn. Kernfrage für den Repräsentanten einer synodalen Kirche: „Was wollen wir als
Kirche in der Gesellschaft bewirken, mit welchen Leuten und Ressourcen?“Noch gibt es nach außen kaum konkret Neues. Corona bremste. Was man zu Normalzeiten nach dem ersten Bischofsjahr schon als Anfänge einer Handschrift hätte sehen können, lässt auf sich warten.
Im Frühling, so heißt es, soll aber Gewichtiges präsentiert werden: die Neuaufstellung des millionenschweren Bistums. „Es wird so, dass die Menschen sagen können: Das ist einer Kirche gemäß“, kündigte Marketz bereits an und sprach von mehr Transparenz und sparsamster Geldvergut wendung. Der Umgang seines Amtsvorgängers Schwarz mit dem Vermögen des Bistums war mit Grund für die heftigen Turbulenzen. Einschneidende Maßnahmen im Bistum hat bereits die Interimsführung unter Administrator Engelbert Guggenberger gesetzt: etwa die Verschränkung von Bistum und Diözese zur gegenseitigen Kontrolle. Marketz will daran festhalten, wie er sagte. Angekündigt hat er die Einsetzung von externen Experten (statt Priestern?). Zu klären ist (endlich), was mit dem Stift St. Georgen am Längsee wird, welche Ausrichtung es erhält.
Die Kernfrage für uns ist: Was wollen wir als Kirche in der Gesellschaft bewirken und mit welchen
Ressourcen?
Josef Marketz
P ersonelles hat Marketz flott und ohne negative Begleittöne entschieden: Schon am Tag nach seiner Weihe zum Bischof präsentierte er Ernst Sandriesser als seinen Nachfolger als Caritasdirektor. Zum ersten Mal ist es kein Priester. Generalvikar und damit engste Vertrauensperson des Bischofs wurde Johann Sedlmaier, den Banker Gerhard Salzer machte Marketz zum Direktor der Bischöflichen Finanzkammer.
Das bischöfliche Seelsorgeamt bleibt mit der Salzburger Theologin Elisabeth SchneiderBrandauer in Frauenhand. Wohlwollend angenommen wurde auch die Ernennung von Hochschulseelsorger Hans Peter Premur zum Bischofsvikar für Schöpfungsverantwortung, Migration und interreligiösen Dialog. Der Vikar hat als Stellvertreter des Bischofs wie ein Minister viel Außenwirkung in seinem Zuständigkeitsbereich. Hinterfragt wurde hingegen die Ernennung von Engelbert Guggenberger zum Bischofsvikar für die Orden. Marketz gibt dem früheren Generalvikar so Außenwirkung, viele hätten ihn eher als Vikar für Kunst und Kultur gesehen.
Guggenberger ist nach wie vor Dompropst, steht also an der Spitze des Domkapitels, das in der bischofslosen Zeit (Sedisvakanz) Führungsfunktion hatte und die Durchleuchtung der Ära Schwarz samt Prüfbericht initiierte. Jetzt aber ist das
Domkapitel wieder fern der öffentlichen Präsenz. Zur Aufarbeitung der Ära Schwarz hat sich Marketz als Caritas-Direktor nie geäußert. Aktuell ist für Beobachter erkennbar: Das Verhältnis Domkapitel und Bischof ist eher reserviert.
W elche Schwerpunkte der Bischof als Angehöriger der slowenischen Volksgruppe für diese setzt? Die einen haben Erwartungen, andere beobachten genau. Marketz betont, Bischof für alle zu sein. Er lebt seine Zweisprachigkeit wie immer schon mit Selbstverständlichkeit und streicht sie nicht extra hervor.
Mit einem neuen Bischof ist die Bereitschaft der Leute eher da, sich zu bewegen und Neues zu
probieren.
Josef Marketz