Politischer Frühling
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erlebt einen politischen Frühling. Kantige Oppositionsrhetorik war ihr immer fremd.
Vor Tagen machten in Wien Gerüchte die Runde, der Kanzler erwäge angesichts der schwierigen Corona-Lage und der explosiven Stimmung in der Bevölkerung die Bildung einer Konzentrationsregierung – nach dem Motto: Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Lösungen. SPÖ-Chefin
sollte im Gesundheitsministerium wieder die Zügel in die Hand nehmen, NeosChefin im Bildungsministerium. bgesehen davon, dass Eintagsfliegen oft eine längere Lebensdauer aufweisen als so manches Gerücht, das durch die Wiener Blase schwirrt: Völlig absurd ist der Denkansatz nicht. Die Zeiten, in denen der Kanzler an der Spitze des virologischen Quartetts nahezu im Alleingang Lockerungen und Lockdowns verkündet hat, sind Geschichte. Angesichts der dramatischen Lage setzt der Kanzler auf eine Politik der Einbindung, um die Verantwortung für unangenehme Entscheidungen auf viele Schultern zu verteilen. Seit Dezember telefoniert
regelmäßig mit der SPÖChefin, seit Anfang Jänner sind die Landeshauptleute an Bord. arum eine Konzentrationsregierung eine
AWSchnapsidee ist? Eine solche Konstellation für ein paar Monate zu installieren, um dann wieder zu Türkis-Grün zurückzukehren, wäre politisches Harakiri. Entweder müsste dann neu gewählt werden, oder eine solche Regierung wäre bis zur nächsten Wahl im Herbst 2024 im Amt. Türkis-Rot-Grün-Pink wäre für die FPÖ als dann einzige Oppositionspartei ein gefundenes Fressen. endi-Wagner, die vielfach Belächelte, erlebt gerade einen politischen Frühling, das bestätigen auch Umfragen.
Die kantige Oppositionsrhetorik, die ihr nie auf den Leib geschneidert war, ist einer evidenzbasierten Argumentation gewichen. Die langjährige Epidemiologin gibt im
Kampf gegen Corona durchaus den Takt vor. Mit ihrer
Forderung nach einer Weihnachtsruhe, nach Wohnzimmertests, der
Schul
Röffnung war sie der Regierung einen Schritt voraus, bei der Teststrategie probte sie den Schulterschluss mit der Koalition. Dieser Gleichklang wie auch die schaumgebremste Kritik an der Regierung verstört manche in der SPÖ, etwa den Burgenländer
der um Weihnachten herum die Sinnhaftigkeit der Impfung infrage gestellt hatte. Heute ist Wiens Bürgermeister in der Pressestunde, offenbar drängt er auf mehr Öffnungen als die Parteichefin. Ob der politische Frühling bis in den meteorologischen Frühling anhält, bleibt offen.
Schulterschluss: Rendi-Wagner