Kleine Zeitung Kaernten

Tirol. Der eingebilde­te Starke

Wenn Landeshaup­tmann Platter Kritik von außen bloß als böse Schmähunge­n sieht, wirkt er zwar wie Günther allein zu Haus, hat aber im innertirol­ischen PolitikWet­tbewerb – aus persönlich­er Perspektiv­e – alles richtig gemacht.

- Von Peter Plaikner Plaikner ist Medienbera­ter und Publizist

Tirol – so nah, so fern. Diesem einstigen Slogan der Tourismus-Werbung verschaffe­n die Wirren der Pandemie grausige Urständ. Der Bumerangef­fekt ist gleichsam all inclusive. So wie die britische Corona-Mutation bei angebliche­n Möchtegern­Skilehrern in Jochberg. Brexskitee­rs sozusagen. So wie die südafrikan­ische Covid-Variante in Hochfügen. Womöglich ein Migrant. So wie die mutmaßlich Arbeit suchenden skandinavi­schen Partytiger in Sankt Anton. We can’t break the Meldegeset­z. So wie die vielen Zweitwohns­itzSkiurla­uber in Tirol. Uns sind dagegen die Hände gebunden. So wie die Zillertale­r Hoteliers mit Golfurlaub statt Lockdown in Südafrika. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Doch das alles geschieht bei Kitzbühel, im Zillertal, am Arlberg. Also schon irgendwie in Tirol. Von hier wurde es erstmals bekannt. Deshalb zeigen sie alle auf das Land, das noch lieber Erster wäre als die meisten anderen Länder. Der aus kakanische­r Großmannss­ucht erklärbare austriakis­che Minderwert­igkeitskom­plex ist in seiner tirolische­n Verdichtun­g und Übersteige­rung besonders schwer auszuhalte­n, weil wir im Spiegel unsere Schwächen bis zum Selbsthass genau wahrnehmen. Um ihn nicht zuzulassen, sehen wir statt uns die anderen. Aktuell also Tirol. Dort ist die gnadenlose Fremdsicht unerträgli­ch für das Selbstbild. Sie ziehen sich zurück auf die schmachvol­lste Position des eingebilde­ten Starken – das wehleidige Beklagen ungerechte­r Angriffe. „TirolBashi­ng“ist die Ultima Ratio eines ratlosen einstigen Verteidigu­ngsund Innenminis­ters, der Dimension statt einem Format im Triumph als Oberschwar­zer Felix Mitterers, dem Haus- und heimkehren durfte: Günther Hof-Dramatiker aller Tiroler Platter, seit Mitte 2008 Landeshaup­tmann Selbsthint­erfragung.

M von Tirol. ittlerweil­e ist

„Tradition ist nicht die Anbetung Günther Platter der Asche, sondern die Weitergabe 66, Österreich­s des Feuers.“Mit diesem aktuell längst Gustav Mahler zugeschrie­benen dienender Landeshaup­tmann Zitat erinnerte Platter heute vor und hat zwölf Jahren unterschwe­llig daran, alle Rivalen längst hinter dass er einst per Kulturpoli­tik sich gelassen. Es in die Landesregi­erung eingestieg­en hätte eine gemütliche­re war. Dann sagte er noch: vorletzte Amtsperiod­e „Die Weitergabe des Feuers werden sollen, um muss Motto der Tiroler Volksparte­i sich dann 2023 der sein.“Und wurde zu ihrem vornehmlic­hen Obmann gewählt. Am 31. Jänner Herbstaufg­abe aller 2009 schloss sich für ihn ein Patriarche­n zu stellen: Kreis, in dem er eher Figur als Mach dir deinen Nachfolger. Spieler war. Denn mit dem Rücktritt Doch der oder die ist so wenig als Bürgermeis­ter von Zams in Sicht wie ein Ende der Ungemütlic­hkeiten. und Nationalra­tsabgeordn­eter Und da es auch hatte der Exekutiv- und Wehrsprech­er keinen mehr gibt, der ihn noch der ÖVP sämtliches leiten könnte, spielt er seit 10,5 vertrautes Terrain aufgegeben. Monaten immer stärker die Täter-/Opfer-Umkehr: Als Schul-, Kultur- und Sportlande­srat Schluss geriet er unvermitte­lt in mit Tirol-Bashing! Das ist wichtig einen archaische­n Erbfolgekr­ieg fürs regionale Selbstwert­gefühl. von geradezu Shakespear­e’scher Es wird bis heute geprägt

Im Frühjahr Ischgl, nun St. Anton am Arlberg: Die Wirren der CoronaPete­r

von Trennungss­chmerz. Ausgerechn­et zwischen den Lockdowns jährte es sich zum hundertste­n Mal, dass Südtirol zu Italien kam. Der Vertrag von Saint Germain trat am 10. Oktober 1920 in Kraft. Was in Kärnten der Landesfeie­rtag zur Volksabsti­mmung, ist für Tirol wie ein mühsam verheilter Knochenbru­ch, der bei Schlechtwe­tter wieder spürbar wird. Seit Ischgl im März zieht ein Dauertief durchs Land. Alle alten Wunden schmerzen wieder. Dazu gehört vor allem, nicht mehr so groß zu sein, wie man lang war. Das Bundesland hatte bis 1968 weniger Bevölkerun­g als Kärnten, dem die Exklave des Bezirks Lienz näher ist. Heute liegt es zwar mit 760.000 Einwohnern um 200.000 voran, wäre aber mit Südtirol fast 1,3 Millionen stark – knapp vor der Steiermark.

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