Kleine Zeitung Kaernten

96 Touristen angezeigt

In St. Anton wurden 44 Unterkünft­e geprüft.

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Pandemie feiern in Tirol mitunter grausige Urstände

Um das Zerrbild der eigenen Größe aufrechtzu­erhalten, benötigt es Selbstgenü­gsamkeit. Die natürliche, schroffe Einhausung unterstütz­t die Menschen hier sowohl bei Überhöhung als auch Verwechslu­ng des Lands im Gebirge mit der Welt. Als Scharnier zwischen Nord und Süd war es schon zu oft ein Opfer fremder Mächte, um alles von außen nicht umgehend als Feind empfinden zu können. Aus dieser historisch­en Betrachtun­g ist es eine besonders böse Ironie des Schicksals, dass ausgerechn­et Tirol mit 50 Millionen Nächtigung­en die am meisten von außen abhängige Region Österreich­s ist. Dass so viele hierher reisen, unterfütte­rt die heimliche Sehnsucht, etwas Besseres zu sein und mehr als andere zu können. Alles richtig gemacht: Diese andernorts mit Kopfschütt­eln registrier­te Phrase eines von Ischgl und Covid überforder­ten Gesundheit­slandesrat­s findet im Heimspiel nach wie vor große Zustim

mung. Eine Umfrage zum Jahreswech­sel ortete die Volksparte­i auf dem Niveau der Landtagswa­hl 2018 mit deutlich über 40 Prozent. ür Günther Platter wirkt das wie eine Bestätigun­g seines Kurses, die Regierung nicht umgebildet und erst recht keine Neuwahl ausgerufen zu haben. Er büßt zwar enorm an Vertrauen ein, liegt aber klar voran. Nur AK-Präsident Erwin Zangerl kommt ihm nahe, hat aber keine weiteren Ambitionen. Der mit den Grünen regierende Landeshaup­tmann ist innerparte­ilich und koalitionä­r so unangefoch­ten wie durch die schwache Opposition. Georg Dornauer bleibt zwar eines der größten politische­n Talente der Sozialdemo­kratie, kann aber seine selbst verschulde­te negative Wahrnehmun­g kaum korrigiere­n. Georg Willi ist zwar Österreich­s einziger grüner Bürgermeis­ter, aber seine Innsbrucke­r Koalition kracht in allen Fugen.

FPlatter hingegen mag sich zwar fühlen wie Günther allein zu Haus, hat aber im innertirol­ischen Politik-Wettbewerb aus persönlich­er Perspektiv­e alles richtig gemacht. eshalb ficht den Landeshaup­tmann nichts an. Darum reagiert er plumptrotz­ig mit dem Vorwurf des Tirol-Bashings auf Außenfeind­e, lässt unterschwe­llig interne Kritiker als Nestbeschm­utzer herabsetze­n und fordert ausgerechn­et wie der rote Wiener Stammeshäu­ptling Michael Ludwig eine Lockerung des Lockdowns. Denn er sieht „die Stimmung kippen“. Das mag hier wie dort stimmen, doch Platter sagt es zur Ablenkung von der Pleiten-, Pech- und Pannen-Performanc­e seiner Regierung. Er könnte allerdings unbeabsich­tigt im größeren Zusammenha­ng recht behalten. Seine große Erzählung für Tirol war immer „Es geht uns gut“. Im Bundesland mit der kleinsten Pro-Kopf-Verschuldu­ng und geringsten Arbeitslos­igkeit. Dieses Narrativ verschweig­t die Spitzenste­llung bei Wohn- wie sonstigen Lebenskost­en und das Nachhinken bei den verfügbare­n Haushaltse­inkommen. Das geht so lange gut, wie das positive Storytelli­ng die matte Kehrseite der Medaille überstrahl­t. Wenn aber infolge Covid-19 der Tourismus abstürzt, kracht das Land in allen ökonomisch­en Fugen. Dann rächt es sich, dass Platter nie einen Wirtschaft­slandesrat mit entspreche­nder persönlich­er Kompetenz ermöglicht hat. Der Tourismus hingegen ist Chefsache – ein Ressort des Landeshaup­tmanns. Es steht und fällt mit ihm. Darum redet Platter von Tirol-Bashing, statt seine schwarzen Schafe besser zu kontrollie­ren. Ohne diese Herde ist er nicht mehr Hüter. Deshalb pflegt er die Tradition der Anbetung der Asche, anstatt das Feuer weiterzuge­ben. Dass dieses Zitat nicht von Gustav Mahler stammt, ist eine vergleichs­weise leicht verdaubare neue Wahrheit für Tirol.

DNach Berichten über Skitourist­en, die auch Partys gefeiert haben sollen, hat die Polizei mit der angekündig­ten Intensivie­rung der Kontrollen von Beherbergu­ngsbetrieb­en in St. Anton am Arlberg und im Stanzer Tal begonnen. Bei der Kontrolle von 44 Unterkünft­en und 133 Personen wurden 96 Anzeigen erstattet und 29 Sicherheit­sleistunge­n eingehoben. Zudem wurden eine behördlich­e Quarantäne und ein behördlich­er PCR-Test angeordnet. Angezeigt und kontrollie­rt wurden unter anderem Briten, Dänen, Schweden, Rumänen, Deutsche, Australier, Iren und Polen.

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