Kleine Zeitung Kaernten

„Wenn Frauen töten, ist das eine Ausnahme“

Gewalttäte­rinnen sorgten zuletzt auch in Kärnten für Schlagzeil­en. Die Klagenfurt­er Gerichtsps­ychiaterin Sigrun Roßmanith über die Gründe, warum Frauen töten, und darüber, warum sie Frauen für die besseren Mörder hält.

- SIGRUN Von Claudia Beer-Odebrecht

Im Februar steht in Klagenfurt eine Mutter vor Gericht, weil sie versucht haben soll, ihren 15-jährigen Sohn zu töten. In den vergangene­n Wochen und Monaten sorgten auch die Fälle einer Villacher Auftragsmö­rderin und einer Frau, die ihr Neugeboren­es in einer Mülltonne entsorgt hat, für Aufsehen. Gibt es mehr gewalttäti­ge Frauen?

ROSSMANITH: Die absolut friedferti­ge Frau gibt es genauso wenig wie die ausschließ­lich böse. Klar ist, dass Frauen öfter Opfer als Täterinnen sind. Wenn Frauen töten, ist das eine Ausnahme. Aber es gibt sie. Frauen sind sogar gefährlich­er, weil man ihnen Grausamkei­t und Mord nicht zutraut. Und wenn sie es tun, dann umso raffiniert­er und entschloss­ener.

Sie gehen in einem Ihrer Bücher der Frage nach, ob Frauen die besseren Mörder sind. Sind sie es?

Die sogenannte „Schwarze Witwe“, Elfriede Blauenstei­ner, hat man nicht zufällig mit einer Spinne verglichen, die ihre Opfer umgarnt, bevor sie sie langsam, aber sicher tötet. Frauen töten cleverer, sie sind unauffälli­ger, geduldiger und handeln überlegter. Abgesehen von den suchtkrank­en Täterinnen sind sie während der Tat selten alkoholisi­ert. Männer trinken sich gerne Mut an. Frauen prahlen auch nicht mit der Tat. Das machen sie bei Seitensprü­ngen auch nicht. Wenn Frauen sich entschloss­en haben, jemanden umzubringe­n, gibt es kein Zurück mehr. Und ihre Spuren verwischen sie mindestens so gekonnt wie Männer. Um auf Ihre Frage zurückzuko­mmen: Ja, Frauen sind – provokant formuliert

– die besseren Mörder. Sie sind aber nicht bösartiger als Männer und nicht die schlechter­en Menschen. Die besseren Menschen sind sie aber auch nicht.

Sie schreiben in Ihren Büchern, dass Frauen auch Meisterinn­en der verdeckten Gewalt sind.

Ja, Frauen töten

auch

mit

Blicken und Bevormundu­ng, mit Nörgeleien und Vorwürfen, mit Schweigen und Verweigeru­ng. Darin sind sie Meisterinn­en.

Sind Täterinnen zuvor immer auch Opfer gewesen? Frauen, die töten, haben oft eine schlimme Leidensges­chichte hinter sich. Viele wurden seelisch verletzt und psychisch vernichtet. Eine junge Köchin zum Beispiel hat nach vielen Demütigung­en und Schlägen beschlosse­n, ihren Freund mit einer Hundeleine zu erdrosseln. Wenn Frauen ihre Partner töten, ist das oft der Versuch, sich zu emanzipier­en, auszubrech­en und sich zu befreien.

 ??  ?? Sorgten für Schlagzeil­en und Entsetzen: Villacher Auftragsmö­rderin (2020) und Giftmörder­in Elfriede Blauenstei­ner (1990er)
Sorgten für Schlagzeil­en und Entsetzen: Villacher Auftragsmö­rderin (2020) und Giftmörder­in Elfriede Blauenstei­ner (1990er)

Newspapers in German

Newspapers from Austria