Kleine Zeitung Kaernten

Erfolgreic­he Jagd nach einem Phantom

Polizist Michael Bürger forschte russischen Großbetrüg­er aus: Der hat in drei Monaten mindestens 150.000 Euro ergaunert.

- Von Jochen Habich Der Polizist heftete Und der Betrüger

Am Anfang war ein Thermomix. Eine Kärntnerin wollte das Küchengerä­t auf der Online-Plattform „willhaben“kaufen. Um rund 700 Euro, deutlich günstiger als der übliche Kaufpreis. Nichts am Anbieter schien verdächtig: Adresse in Österreich, Konto bei österreich­ischer Bank, Name klang „österreich­isch“, die schriftlic­he Unterhaltu­ng in perfektem Deutsch, dazu ein Foto des Personalau­sweises.

Die Frau überwies die Summe und wurde von „willhaben“weggelockt. Der Kontakt mit dem „Verkäufer“lief nur noch über Handy und WhatsApp. Die Kärntnerin wurde vertröstet – vier, fünf Tage. So lange, bis die 700 Euro auf ein anderes

Konto umgebucht waren. Dann war Schluss: Der Kontakt brach ab, der „Verkäufer“meldete sich nicht mehr.

Dafür meldete sich die Frau bei der Polizei in Spittal/Drau, bei Bezirksins­pektor Michael Bürger. Der nimmt die Betrugsanz­eige auf und beginnt zu ermitteln. Es dauert nicht lange und für Bürger steht fest: „Alle Angaben des Mannes waren gefälscht.“

sich an die Fersen des Betrügers. Konten wurden geöffnet, Identitäte­n und angebliche Wohnadress­en überprüft, Telefone überwacht. „Es war eine irre Arbeit“, sagt Bürger. Am Ende konnte er etwa zehn Konten dem Betrüger zuordnen, vier verschiede­ne Identitäte­n und ein Dutzend oft nur für Minuten aktiviert, um OnlineKont­en bei Banken zu eröffnen.

Je mehr sich Bürger mit dem Fall beschäftig­te, desto mehr Opfer entdeckte er. Bis Ende der Ermittlung­en im vergangene­n Herbst waren es rund 60. In allen Bundesländ­ern, Altersstuf­en und sozialen Gruppen, vom Arbeiter über die Frisörin bis zum Arzt.

„Die etwa 60 Opfer waren nur jene, die wir namentlich ausmitteln konnten“, sagt Bürger, mittlerwei­le bei der Kriminalpo­lizei in Villach. „Die Dunkelziff­er liegt wohl deutlich höher.“Scham oder das Wissen, dass das Geld verloren ist, lassen viele Betrugsopf­er keine Anzeige machen. Sogar nach Deutschlan­d reichen Spuren dieses Betrügers.

„Bei besonders billigen Angeboten verlieren manche Menschen offenbar die Vorsicht“, so der Polizist. Und billig war der „Verkäufer“: egal, ob Küchengerä­te, Laptops, Kameras, Handys oder Drohnen. Er bot im Akkord und zu Diskontpre­isen an. Mit unglaublic­hem „Erfolg“: In den drei Monaten, in denen der Betrüger nachweisli­ch in Österreich aktiv war, hat er so rund 150.000 (!) Euro verdient. Geliefert wurde nichts.

war geschickt. „Solchen Tätern und ihren Aktionen hinkt man immer Tage hinterher“, sagt Bürger. Der knappste Rückstand auf eine Aktivität war zwei, drei Tage. Dann machte das Phantom einen Fehler: Er eröffnete persönlich, nicht online, bei einem Geldinstit­ut in Wien ein Konto, samt Unterschri­ft. Damit gab es ein authentisc­hes Foto.

Mit diesem machten sich Bürger und sein Kollege, Gruppenins­pektor Daniel Koplenig, auf die Reise durch die internatio­nalen Datenbanke­n – und wurden fündig: Der Betrüger war auf sozialen Plattforme­n vertreHand­ynummern,

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MONTAGE 60 Opfer des Betrügers sind bekannt. Die Dunkelziff­er ist deutlich höher

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