Kleine Zeitung Kaernten

Schuldfrag­e

- Christina Traar

Elf Festnahmen und fast 1800 Anzeigen. So lautet die Bilanz der Corona-Demonstrat­ion, die am Sonntag durch Wien zog. Das Innenminis­terium habe durchgegri­ffen und konsequent angezeigt, heißt es dort. Auf die Frage, wie es sein kann, dass Tausende trotz Untersagun­g stundenlan­g von der Polizei durch die Stadt begleitet wurden, reagiert man mit einer Gegenfrage: Was wäre die Alternativ­e gewesen?

Nachvollzi­ehbar, denn Bilder von Wasserwerf­ern und Gummigesch­ossen hätten die Stimmung im Land endgültig kippen lassen.

Für die Proteste hat Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) aber ohnehin bereits einen Schuldigen gefunden – FPÖ-Vorgänger Herbert Kickl. Der „Brandstift­er“habe die Menschen aufgestach­elt und stelle sich bewusst hinter anwesende Neonazis. Die Freiheitli­chen schossen zurück und bezeichnet­en den Minister als „Lachnummer“.

Dass Kickl gezielt provoziert und seinen über Jahre einstudier­ten Tanz auf dem innenpolit­ischen Pulverfass aktuell besonders zu genießen scheint, steht außer Frage. Dass sich Nehammer aber erneut auf sein blaues Lieblingsf­eindbild einschießt, wird langsam redundant. Es sei auch Kickl gewesen, der in dessen Amtszeit das gesamte Ministeriu­m und das Vertrauen der Menschen in die Exekutive zerstört habe. it dieser Argumentat­ion schießt sich Nehammer jedoch ein gehöriges Eigentor. Denn dass er, den nur noch fünf Monate von Kickls Amtszeit trennen, es weiterhin nicht zu schaffen scheint, sein Haus, in dem „Hurrikan Herbert“gewütet haben soll, in Ordnung zu bringen, spricht nicht für ihn.

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