„Wir sind heilfroh über die Öffnung“
Unter verschärften Auflagen darf Österreichs Handel am nächsten Montag wieder öffnen. Die Branche begrüßt die Lockerungen, denn immer mehr Betrieben steht das Wasser bis zum Hals.
In den vergangenen Tagen wurde das Grollen zunehmend lauter, insbesondere aus der Handelsbranche dröhnten Appelle, dass der Zeitplan mit den schrittweisen Lockerungen diesmal halten müsse. Der Handelsverband, der eine Online-Petition zur Wiederöffnung gestartet hatte, verwies darauf, dass rund 10.000 kleine und mittelständische Handelsbetriebe de facto zahlungsunfähig sind und bis zu 100.000 Beschäftigungsverhältnisse wackeln. „90 Tage Zusperren sind genug. Die Lager sind voll, die Ware muss raus“, betonte Rainer Trefelik, Handelsobmann in der Wirtschaftskammer Österreich. Branchenvertreter strichen wiederholt hervor, dass die Unternehmen bereits zahlreiche Vorbereitungen getroffen haben, um ein sicheres Aufsperren zu gewährleisten.
Seit gestern Abend ist klar: Der Handel darf ab 8. Februar wieder öffnen, doch es herrschen strikte Regeln. Wie erwartet, gilt für Kunden und Handelsangestellte
eine FFP2-Maskenpflicht. Auch die Quadratmeter-Regel für Kunden wird verschärft. Behördlich vorgeschrieben ist neben dem Mindestabstand von zwei Metern eine Begrenzung von einem Kunden pro 20 Quadratmeter, um Menschen ansammlungen in Geschäften und Einkaufszentren zu verhindern. Der Handelsverband begrüßt die Entscheidung zur Wiederöffnung ausdrücklich, 22.500
Geschäfte mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr als neun Millionen Quadratmetern dürfen damit wieder aufsperren. „Damit bekommt der heimische Handel Hilfe zur Selbsthilfe, nachdem aktuell fast ein Drittel der Händler von Zahlungsunfähigkeit betroffen ist“, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Auch Kärntens Wirtschaft begrüßt die Lockerungen. „Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt, auch jener aus der Krise“, sagt WirtschaftskammerPräsident Jürgen Mandl. Die Öffnung müsse allerdings von besonderer Vorsicht begleitet sein. „Abstand halten, FFP2Maske tragen, so oft wie möglich testen: Das gehört jetzt zu unserem Alltag.“Denn: Sollten die Zahlen wieder in die Höhe gehen, drohe ein neuerlicher Lockgeschlossene down mit fatalen Folgen für Wirtschaft, Arbeit und Wohlstand in Österreich. Unverständlich ist für Mandl das „zögerliche Vorgehen des Gesundheitsministeriums“bezüglich betrieblicher Testungen. Ein Plan für regelmäßige Tests sei „dringend notwendig“.
Der Kärntner Einzelhandel ist „heilfroh über die Öffnungsschritte, denn sonst steuern wir auf die größte Insolvenzwelle in der Zweiten Republik zu. Vielen steht das Wasser bis zum Hals. Dass die Sozialversicherung dieser Tage begonnen hat, die Beitragsrückstände einzutreiben, hat die Stimmungslage nicht gerade verbessert“, sagt Raimund Haberl, Spartenobmann für den Handel. Er spricht für rund 12.000 Einzelhändler in Kärnten. „Jeder Unternehmer wird alles tun für die Sicherheit. Einkaufen war und ist sicher“, versichert Haberl, aber: „Ein Einkaufserlebnis, so wie wir es von früher kennen, wird noch lange nicht möglich sein.“Aufatmen auch bei Kärntens Friseuren. „Wir waren jetzt wieder fast sechs Wochen im Zwangsstillstand. Wir wollen wieder arbeiten – und unsere Kunden brauchen uns“, so Friseurin Doris Wielscher aus Millstatt.
Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Auch der
aus der Krise.
Jürgen Mandel, Kärntner WK-Präsident