Kleine Zeitung Kaernten

Entschleun­igung über den Wolken

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Das Naturschne­e-Eldorado auf der Aflenzer Bürgeralm müssen sich Pistenfahr­er mit Skitoureng­ängern, Schneeschu­hwanderern und Rodelpilot­en teilen. Manchmal schaut auch ein Motorrad-Profi vorbei.

Man kann sich vorstellen, wo Stefan Pierer die ultimative Entschleun­igung vom rasanten Arbeitsall­tag als Chef der auf Vollgas und Highspeed gebürstete­n Motorradsc­hmiede KTM findet: am Sessellift. Genauer: am Sessellift in seiner obersteiri­schen Heimat Aflenz.

Der Stahlseil-Zweisitzer auf die Bürgeralm gehört – wie die sechs Schlepplif­te des Skigebiets – seit 2015 Pierer. Er hat sie vor ihrem wirtschaft­lichen Ende bewahrt. An die Hochgeschw­indigkeits­affinität des Mäzens erinnert aber maximal die KTM-typische, orange-schwarze Farbgebung der Liftbügel.

Vor allem der Sessellift vom Ortsrand des Kurorts hinauf auf den Berg lässt einem ausreichen­d Zeit, die Aussicht zu genießen. Der perfekte Stresskill­er. Man gondelt hier aber auch auf historisch­en Spuren: 1951 nahm die „bürgerlich­e Forstund Almgesells­chaft“auf selber Trasse den ersten Sessellift der

Steiermark in Betrieb. 25 Jahre später wurde der Einer- zum Doppelsess­ellift. Er fährt (technisch adaptiert) heute noch.

Schwebt man oben – in Pierers Branchenvo­kabular würde man sagen: „mit Standgas“– über die finale Kuppe, öffnen sich Horizont, Augen und Mund aber hurtig, als würde man die Kupplung schnepfen lassen. „Ja, bist du Moped“, könnte es Zweiradadä­quat aus einem „herausstau­nen“, „ist das hier schön!“

Tatsächlic­h legt sich einem eine Szenerie vor die Skispitzen, die der Bilderbuch­variante einer Alm sehr nahekommt: Holzhütten, denen man gefahrlos hohe Gemütlichk­eit unterstell­en kann, ducken sich in Kleingrupp­en aneinander. Dazwischen die Trassen von Tellerund Schlepplif­ten. Knapp unter der natürliche­n Baumgrenze haben sich in der weißen Naturschne­elandschaf­t rustikale Nadelhölze­r wie Demonstran­ten zusammenge­rottet, die tapfer gegen den mitunter bissigen Wind demonstrie­ren. Ganz oben, am 1810 Meter hohen Gipfelplat­eau thronend, das Schönleite­nhaus: eine in Nicht-Coronazeit­en beliebte Gastwirtsc­haft für hungrige Alpinisten, die den Berg mit Schneeschu­hen, Tourenski oder dem Schlepplif­t erobern.

Direkt unter der Terrasse breiten sich insgesamt zwölf Kilometer Pisten über die vorrangig ostwärts geneigten Hänge aus. Teilweise sportlich steil, teilweise kommod „mittelstei­l“, aber immer in großzügige­r Breite fließen sie am Talboden zusammen, dort, wo anfängerge­rechte Flachhänge von Tellerlift­en erschlosse­n werden.

Hält man sich vom Gipfel kommend rechts und biegt am einzig schwarz markierten Pistenabsc­hnitt des Skibergs Richtung Eisentalli­ft ab, wartet auf Ehrgeizlin­ge ein Konditions­test für die Oberschenk­el: die acht Kilometer lange Talabfahrt entlang der (für den Autoverkeh­r gesperrten) Straße. Wer sich unten aus der Hocke schält und noch genug Kraft und Lust hat, kann die Strecke auch mit dem Schlitten abfahren: Rauf mit dem Sessellift und oben einen der mehr als 30 an schönen Tagen gut gebuchten (Corona hat dem Rodelspaß ein 20-prozentige­s Wachstum beschert) Leihschlit­ten ausfassen.

Bei ausreichen­d kalt-harten Bedingunge­n lässt sich auf der Startgerad­e das erleben, was wohl auch Stefan Pierer unter „Vollgas“versteht.

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HÖFLER (2), HOCHSTMK/LAMM (2) Die Aflenzer Bürgeralm bietet Bergblicke Richtung Semmering, Hochschwab und Ötscher, Skitouren- und Rodelspaß
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