Bunte Unschärfe
Wie bunte Luftballons wirken die optischen UnschärfeEffekte, die ab heute im Klagenfurter Dom auf die Unschärfen im eigenen Leben hinweisen sollen.
Dass sie keine Scheu davor haben, ehrwürdigen Kirchenräumen ihren Stempel aufzudrücken, haben Markus Hanakam und Roswitha Schuller bereits vor einigen Jahren in der Burgkapelle des Museums Moderner Kunst bewiesen. War es dort eine Art Luxusdrogerie, mit der sie auf Fromillers Fresken künstlerisch reagierten, so gestalteten sie ihre Intervention im Klagenfurter Dom um einige Nummern größer und mit elementaren Ausdrucksmitteln – vornehmlich mit Licht und Farbe.
Im Rahmen der Reihe „Kunst im Dom“, mit welcher Dompfarrer Peter Allmaier während der Fastenzeit „vertraute Sehgewohnheiten durchbrechen“möchte, hat das deutsch-kärntnerische Künstlerpaar bunte Bildtafeln ins Presbyterium gehängt und eine Art Bühnenbild im theaterhaft-barocken Sakralraum geschaffen. Die poppigen und in der Tradition der Op-Art stehenden Gebilde reflektieren
dabei ein optisches Phänomen, das Fotografen als „Bokeh-Effekt“kennen. Im Japanischen bedeutet „Bokeh“so viel wie Dunst und steht in der Fotografie für ineinander verschwimmende Lichtkreise, wie sie im Unschärfebereich von Linsen entstehen.
Hanakam und Schuller haben die Pastelltöne der vor Ort entwickelten Bokehs in knalliges Magenta, Kobaltblau oder Orangerot verwandelt und durch Konturierung der räumlich gestaffelten „Kleckse“das ursprünglich Verschwommene in den Mittelpunkt gerückt. Laut Allmaier richte die Kunstinstallation der beiden den Fokus „auf die unscharfen Bereiche der Existenz“und spiegle zugleich „das moralische Problem der oft wirklichkeitsverzerrenden Selbstwahrnehmung“.
Das Künstlerduo selbst versteht seine Arbeit mehr als ein „Nachdenken über den physikalischen Raum Kirche“, über Effekte von Licht und Optik, und als Fortsetzung seiner Praxis
mit „lens-based“Medien wie Film und Fotografie. Ein Beispiel dafür ist derzeit auch im Klagenfurter Künstlerhaus zu sehen. Das Video zeigt das trancehafte Spiel einer sibirischen Schamanin und zeugt vom Interesse der beiden an alten Riten.
Was die spirituelle Bedeutung ihrer Installation im Dom betrifft, so wollen Hanakam und Schuller diese „individuell verhandelt“wissen. Wobei die Pörtschacherin und ihr aus Essen stammender Partner dem Dompfarrer in einem Punkt beipflichten: „Es ist derzeit tatsächlich alles unscharf. Wir freuen uns über jede Klarheit“.
Ihre „Bokehs“und die heute beginnende Fastenzeit, für gewöhnlich eine Zeit der Neuorientierung, könnten dazu einen kleinen Beitrag leisten.