Die EU leidet an Selbstüberschätzung
Die Präsidentin der EU-Kommission, die zierliche Ursula von der Leyen, inszeniert sich gerne als machtstrotzende Superlady, die dem Rest der Welt zeigen will, dass der alte Kontinent immer noch die erste Geige spielt. Als sie nach ihrer Wahl im Dezember 2019 den „Green New Deal“zur Rettung aus der Klimakrise präsentierte, verglich sie den Plan mit der Landung eines Europäers auf dem Mond. Und als im Dezember 2020 die EU im Auftrag der 27 Mitgliedsländer bei sechs Herstellern 2,3 Milliarden Impfdosen gegen das Coronavirus bestellte, jubelte die Präsidentin: „Das ist Europas Moment!“
Ihr Pech war, dass andere schon Monate zuvor den Moment genutzt hatten. Amerika, England und Israel hatten sich rechtzeitig große Kontingente des ersehnten und begehrten Impfstoffs gesichert. Es dauerte bis Mitte Februar, dass die EU-Kommission endlich Fehler öffentlich eingestand, nachdem sich die Enttäuschung in den Mitgliedsstaaten über fehlende Lieferungen in Wut wegen des Impfchaos steigerte. „Wir waren zu spät bei der Zulassung, zu optimistisch bei der Massenproduktion und zu sicher, dass Bestellungen pünktlich geliefert werden“, bekannte die Präsidentin im EU-Parlament. Die ersten Ausfälle beim deutsch-amerikanischen Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer konnten noch rasch kaschiert werden, indem sechs statt fünf Spritzen pro Dose gefüllt wurden. Als aber die britisch-schwedische Firma AstraZeneca ankündigte, nicht einmal die Hälfte der versprochenen Menge zu liefern, brach Panik aus. Ursula von der Leyen pochte auf „glasklare“Verträge, ehe sich herausstellte, dass nichts klar und einklagbar war.
„Ursula von der Leyen pochte auf glasklare Verträge, ehe sich herausstellte, dass nichts klar und einklagbar war.“
Einmal mehr wurde die Selbstüberschätzung der Europäischen Union deutlich. AstraZeneca ist zwar ein großer Pharmakonzern, gemessen an den amerikanischen Internetgiganten aber ein Mittelständler. Wenn Brüssel immer wieder verspricht, jetzt aber wirklich Apple, Google, Facebook, Amazon & Co. mit einer in Europa zu zahlenden Digitalsteuer zu belegen, fehlt der Glaube an den Erfolg.