Impfprivileg? Besser leben, leichter reisen
Immer mehr Länder denken an Erleichterungen für Geimpfte. In der EU will man aber keine Zweiklassengesellschaft – und keine „Impfpflicht durch die Hintertür“.
Die Griechen hatten, in Sorge um die Sommersaison, den Anfang gemacht. Mitte Jänner sprach sich Premier Kyriakos Mitsotakis bei der EUKommission dafür aus, dass gegen Covid-19 geimpfte Bürger einen „Impfpass“erhalten könnten, um ihnen Reiseerleichterungen zu verschaffen. Länder wie Spanien fanden das gut, doch in Brüssel reagierte man reserviert. Zum einen, weil gerade der Streit um die Impfstofflieferungen ausgebrochen war und sich das Durchimpfen verzögern würde. Zum anderen, weil man sich Sorgen um die Impfwilligkeit der Europäer machte. Ein Freifahrtschein für Geimpfte könnte als „Impfzwang durch die Hintertür“wahrgenommen werden und neue Fronten eröffnen. Es dürfe, so die Kommission, keinesfalls zu Diskriminierungen kommen.
Doch Anfang dieser Woche kamen Israel und die EU-Länder Zypern und Griechenland überein, ab 1. April alle Einschränkungen für gegen das Coronavirus geimpfte Touristen aus Israel aufzuheben. Israel will auch mit Großbritannien so eine Vereinbarung abschließen. Basis soll ein sogenannter „grüner Impfpass“sein.
Auch im Norden gedeihen solche Pläne. Schweden und Dänemark wollen elektronische Impfausweise einführen, die neben Reisen auch den Besuch von Kultur- und Sportveranstaltungen ermöglichen könnten, Finnerwägt das ebenfalls. In Estland läuft ein Pilotprojekt mit einer Plattform für Impfdaten, die automatisch auch Impfausweise erstellt. Bei der Einreise bleibt geimpften Menschen bereits die ansonsten obligatorische Quarantäne erspart. So ist es auch in Polen, wo Reisende eine spezielle Smartphone-App nutzen können. Island wiederum, zwar nicht in der EU, aber im Schengenraum, hat mit der Ausstellung von Zertifikaten für geimpfte Personen begonnen und will Europäern mit vergleichbaren Ausweisen die Einreise erleichtern.
Am Montag sprach sich EUKommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits grundsätzlich für so eine EU-Bescheinigung aus, man müsse aber nun eine europaweit einheitliche Reiseregelung entwickeln. Die (elektronischen) Impfzertifikate sollten in erster Linie ein gesundheitspolitisches Instrument in einem rein medizinischen Rahmen sein, sagte die selbst aus Zypern stammende Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. In Österreich soll kommende Woche die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, dass Impfdaten in eiland
nem elektronischen Impfpass gespeichert werden – gedacht durchaus als „Steuerungsinstrument“, um zukünftig Flugreisen oder Konzertbesuche unbürokratisch möglich machen zu können.
In Brüssel verwies man zuletzt noch darauf, dass eine der Voraussetzungen für solche Zertifikate der wissenschaftliche Beweis sei, dass Geimpfte nicht ansteckend sind. Das Thema der Diskriminierung ist hingegen breiter gefächert. An sich können sich Länder auf ihre Gesetze berufen und die Wirtschaft auf das Hausrecht – eine Fluglinie könnte also darauf bestehen, dass man etwa ohne negative Tests oder eben das Impfzertifikat nicht einsteigen darf. Für ein Zertifikat spricht, dass der Vorteil lediglich in einer Vereinfachung der Abwicklung besteht, nicht aber in Privilegien. Um beim Beispiel Flugzeug zu bleiben: Geimpfte könnten direkt mit Zertifikat einsteigen, Ungeimpfte müssten einen negativen Test vorweisen, können aber genauso einsteigen. Kommende Woche gibt es zu den Maßnahmen den nächsten EU-Sondergipfel.