Stets im Dienste der Geschichte
Alfred Ogris, längst dienender Landesarchivdirektor, wird heute 80. Mit Forschung ist er noch immer beschäftigt.
Sein jüngstes Buch über die „Armen-Leute-Bruderschaft“in Maria Saal ist eine richtige Schwarte. Soll heißen: trockene Materie, so saftig aufbereitet, dass man sich gerne darin vertieft. Über 300 Publikationen, etliche von internationaler Dimension, kann Alfred Ogris vorweisen. Er könnte sich also entspannt zurücklehnen, wenn da nicht ein paar Handschriften wären, die sich bisher niemand wirklich angeschaut hat. „Nichts Umfangreiches, aber eine kulturgeschichtliche Bombe“, lässt er durchblicken.
Zum Gespräch im Kärntner Landesarchiv, dessen Neubau Ogris fast ein Vierteljahrhundert lang betrieben hat, ehe es 1996 vom Landhaus in die Klagenfurter St. Ruprechter Straße übersiedelte, hat er etliche Fotoalben angeschleppt. Sie belegen die Vielseitigkeit eines Mannes, der in seinem Fach alles erreicht hat, was durch eigene Leistung möglich war. Zudem war der Vater eines Sohnes und zweier Töchter (allesamt Akademiker) und sechsfache Großvater aktiver Fußballer und dann Coach der, wie er sagt, „Juxtruppe“des Amts der Kärntner Landesregierung: „Wir haben halt 2006 (Olympiabewerbung der Alpen-Adria-Region) versucht, über die Sportschiene die Aktivitäten des Landes zu unterstützen.“
Dass Ogris bei Spielen in Lausanne, Rom, Amsterdam oder Toulouse immer Stadtführungen anbot, versteht sich von selbst. Als bei der WM in Toulouse schon alle sehr lustig waren, hat er vor der Kulisse von Carcassonne „live“für Radio Kärnten berichtet, „sogar von einem Tor, das ich gar nicht selbst gesehen habe.“
Geboren 1941 in Wien und aufgewachsen als Halbwaise (Vater 1944 gefallen) in Ferlach, hat sich Alfred Ogris aus ärmlichen Verhältnissen emporgearbeitet. Zunächst in seinem Wunschberuf als Lehrer an zweisprachigen Kärntner Volksschulen (1960-1963 in Leppen, Windisch Bleiberg u. a.) und nach dem Studium (Germanistik und Geschichte) in seinem Spezialgebiet Österreichische Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Kärntner Landesgeschichte (Habilitation 1983). Seine Leidenschaft für die Geschichte führte ihn über einen kleinen Umweg – er musste für seine Ausbildung am Institut für Österreichische Geschichtsforschung Französischkenntnisse nachweisen – zum privaten Glück. 1970 heiratete er seine Französischlehrerin Gerlinde, „die zuerst wegen meiner Hemden gedacht hat, dass ich ein Priester bin und deshalb eher reserviert war.“
D en endgültigen Sprung in den Lehrkörper des heutigen Europagymnasiums vereitelte 1968 der Ruf des Kärntner Landesarchivs. Auf seine berufliche Laufbahn als Beamter samt Hofratstitel 1985 und die Bewältigung großer Brocken wie das erste Landesarchivgesetz in Österreich (1997), die Durchführung des Österreichisch-Jugoslawischen Archivabkommens und der Archivalienaustausch zwischen Kärnten und Slowenien 2001, sieht Alfred Ogris mit Dankbarkeit und Demut zurück. Ebenso auf fast 50 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit im Geschichtsverein für Kärnten. „Hochinteressant und man hat doch eine Wertschätzung erfahren“, sagt er. Jetzt wartet er auf die Corona-Impfung, denn die Urlaubsreisen, die immer auch Kulturreisen sind, gehen ihm schön langsam ab. Wenngleich: Auf Schritt und Tritt begleitet von Namenskunde und Siedlungsgeschichte wird’s dem Wanderer und Vierbergeläufer auch in Kärnten nie fad.