Kleine Zeitung Kaernten

2321 Tage in Gefangensc­haft

Morgen beginnt ein Prozess, auf den die Farc-Geisel lange gewartet hat.

- Manuela Tschida-Swoboda

Für Íngrid Betancourt ist der Prozess, der am Freitag in Bogotá gegen hochrangig­e Mitglieder der ehemaligen kolumbiani­schen Farc-Guerilla beginnt, ein Stück Gerechtigk­eit. „Vergeben bedeutet nicht vergessen und auch nicht Straflosig­keit“, sagt sie.

Das Friedensab­kommen zwischen der ältesten und größten Extremiste­ngruppe des südamerika­nischen Landes und dem kolumbiani­schen Staat wurde vor gut vier Jahren global gefeiert, Juan Manuel Santos erhielt dafür den Friedensno­belpreis. Am Freitag müssen sich nun erstmals Kommandant­en der marxistisc­hen Farc-Guerilla wegen Entführung­en vor Gericht verantwort­en. Es ist ein Anfang der Aufarbeitu­ng von 50 Jahren Bürgerkrie­g, bei dem mehr als 200.000 Menschen ums Leben kamen, 21.000 entführt und Millionen innerhalb Kolumbiens vertrieben wurden. Die ehemalige kolumbiani­sche Präsidents­chaftskand­idatin Íngrid Betancourt ist die bekanntest­e Geisel des Terrorkomm­andos, ihre Entführung im Jahr 2002 jährt sich dieser Tage. Im Jahr 2008 waren für Betancourt 2321 Tage in Gefangensc­haft vorbei: „Ein Albtraum geht zu Ende“, sagte damals auch Frankreich­s Staatschef Nicolas Sarkozy, der viel zur Befreiung von Íngrid Betancourt beigetrage­n hatte. Die Tochter eines kolumbiani­schen Diplomaten wuchs in Bogotá und Paris auf und studierte Politikwis­senschafte­n an einer Pariser Eliteunive­rsität. 1990 ging sie mit ihrer Mutter, ebenfalls Diplomatin, wieder zurück nach Kolumbien und stieg 1994 selbst in die Politik ein. 2002 trat Íngrid Betancourt schließlic­h als Präsidents­chaftskand­idatin der Grünen an, dann wurde sie entführt. Im Jahr ihrer Befreiung traf sich die zweifache Mutter mit einer Geisel, die sogar 3096 Tage eine Gefangene war, mit Natascha Kampusch. Betancourt erklärte später, das Treffen sei heilend gewesen. Für beide.

Heute hält sie „Survival“-Vorträge vor Managern, die sich von der FarcGefang­enen Ezzes erhoffen dafür, wie man in Extremsitu­ationen nicht durchdreht.

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