In Geiselhaft der Eltern
Ein schmerzfreier Selbsttest, der in der Nase kitzelt wie die Berührung durch eine Vogelfeder, hat Kindern und Jugendlichen den Weg zurück in die Klassengemeinschaft geebnet. Sie vergewissern sich, dass sie niemanden gefährden, weder sich noch jene, die sie vermisst haben, die Mitschüler und die Lehrenden. Dann genießen sie deren Gegenwart und das Eingebettetsein. Ein Gefühl, fast wie früher.
Das System mit den geteilten Klassen ist klug. Es funktioniert. In deutschen Talkshows verwies man auf das „intelligente Rückkehrmodell“im Nachbarland und stellte mahnend die Frage, wieso Deutschland dazu nicht fähig sei. Jetzt gibt es die Selbsttests an Schulen auch dort. Ein seltener Fall, wo der Anrainer nachzog.
In der Steiermark und in Kärnten bleibt fast 2000 jungen Schülerinnen und Schülern der Besuch der Schule dennoch verwehrt. Nicht weil ein positiver Befund sie daran hindert, sondern weil die Eltern ihr Einverständnis zum Selbsttest verweigern.
D en Schulen sind die Hände gebunden. Und die Mitschüler verstehen nicht, warum die Ermöglichung von Gemeinschaft durch eine harmlose Schutzmaßnahme etwas Verwerfliches sein soll. Sie haben keine Routine im Umgang mit erwachsener Irrationalität.
Es gibt das Recht auf freie Meinung. Es schließt das Recht auf Verblendung mit ein. Demokratie muss es aushalten. Aber es gibt kein Recht, Heranwachsende dafür büßen zu lassen. Sie sollen es nicht aushalten müssen. Wer befreit sie aus der ideologischen Geiselhaft der Eltern?