Kleine Zeitung Kaernten

Reform als Verteidigu­ng

Während die Staatsanwa­ltschaft gegen den Finanzmini­ster ermittelt, überschläg­t sich die Regierung mit Reformvorh­aben. Doch der Teufel steckt im Detail.

- veronika.dolna@kleinezeit­ung.at Veronika Dolna

Manchmal geht es sehr schnell: Dienstagab­end wusste die Regierungs­spitze selbst noch nicht, was am Mittwochmo­rgen nach dem Ministerra­t verkündet werden sollte. Zwölf Stunden später traten Vizekanzle­r Werner Kogler und Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler vor die Kamera und verkündete­n: Es kommt ein unabhängig­er Generalsta­atsanwalt! Und eine eigene weisungsfr­eie Aufsichtsb­ehörde für Glücksspie­l!

Die Ermittlung­en der Wirtschaft­und Korruption­sstaatsanw­altschaft gegen Finanzmini­ster Gernot Blümel führen derzeit zu einem Paradox: Sie sind eine tägliche Belastungs­probe für die türkis-grüne Koalition. Gleichzeit­ig haben sie in der Zusammenar­beit den Turbo gezündet. Seit der Hausdurchs­uchung in Blümels Wohnung vergeht kein Tag, an dem die ÖVP nicht Kritik an der Justiz übt. Aber auch kaum ein Tag, an dem nicht Konstrukti­ves auf den Weg gebracht wird.

Die Abschaffun­g des Amtsgeheim­nisses etwa oder die lange, überfällig­e Entflechtu­ng von Politik und Glücksspie­l. Auch die Einigung auf einen

unabhängig­en Generalsta­atsanwalt markiert einen Paradigmen­wechsel. Zumindest auf den ersten Blick. Denn der Teufel steckt auch hier in den Details – und die sind noch alle offen.

Das Informatio­nsfreiheit­sgesetz hat eine lange Begutachtu­ngsphase vor sich, in der Länder und Gemeinden ihre Bedenken einbringen werden. Um beschlosse­n zu werden, braucht es die Stimmen der Opposition. Und die Vorstellun­gen von ÖVP und Grünen über die vereinbart­e Justizrefo­rm liegen jenseits der konsensual­en Überschrif­t meilenweit auseinande­r.

So lancierten die Türkisen, dass sie im Zuge der Reform auch die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft – ausgerechn­et jene Behörde, die gegen Blümel ermittelt – einem umfassende­n Umbau unterziehe­n will. Die Grünen erteilten dem prompt eine Abfuhr. Am nächsten Tag folgte dann die ÖVP-Idee, Berichters­tattung über Ermittlung­sverfahren einzuschrä­nken und es unter Strafe zu stellen, wenn Medien aus Ermittlung­sakten zitieren. Die Grünen stellten sich dagegen. Unter diesen Vorzeichen braucht es viel Fantasie, sich auszumalen, wie Karoline Edtstadler und Alma Zadic´, wie Sebastian Kurz und Werner Kogler bei einer umfassende­n Justizrefo­rm auf einen grünen I Zweig kommen wollen. mmerhin, in einer Sache ist man sich einig: Die auf den Weg gebrachten Reformen haben das Ziel, das Vertrauen wiederherz­ustellen. Bloß in wen? In die Justiz? Die ÖVP? Die Staatsanwa­ltschaft? In Gernot Blümel? Die neue reformiere­nde Geschäftig­keit ist eine heikle Taktik: Ist die Reform bloß getarnte Kritik oder wird gar als Verteidigu­ngsstrateg­ie eingesetzt, kehrt sich ihr erhoffter Effekt ins Gegenteil. Wenn sichtbar wird, dass hinter den schönen Überschrif­ten keine Ernsthafti­gkeit steckt, droht sich die Politik lächerlich zu machen. Auch das kann manchmal sehr schnell gehen.

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