Kleine Zeitung Kaernten

Ex-Justizmini­ster im Visier der Justiz

Ein Jurist mit ausgeprägt­en Hobbys und exponierte­n Klienten.

-

Die Liste der illustren Klienten, die Wolfgang Brandstett­er in seiner Funktion als Strafverte­idiger vertrat, ist eindrucksv­oll. Der 63-Jährige verteidigt­e Telekom-Vorstand Rudolf Fischer, Hypo-Chef Tilo Berlin und den Schwiegers­ohn des kasachisch­en Diktators, Rachat Älijew. 1991 an der Universitä­t Wien habilitier­t, lehrte er in Graz, Brünn, Krakau und zuletzt in Wien – erst Strafrecht an der Universitä­t, dann österreich­isches und europäisch­es Wirtschaft­sstrafrech­t an der Wirtschaft­suniversit­ät der Bundeshaup­tstadt.

Brandstett­ers politische Karriere kam vermutlich auch für ihn selbst überrasche­nd. 2013 nominierte ihn die ÖVP als parteilose­n Justizmini­ster der Regierung Faymann II. Als nach Faymann auch dessen letzter ÖVP-Vizekanzle­r, Reinhold Mitterlehn­er, einem parteiinte­rnen Umsturz weichen musste, nominierte der neue ÖVP-Chef, Sebastian Kurz, den ausgleiche­nden und stets freundlich­en Brandstett­er 2017 als Vizekanzle­r. Die SPÖ, die Kurz damals zwingen wollte, selbst die Verantwort­ung zu übernehmen, musste den machtlosen Statthalte­r akzeptiere­n. Danach zog sich Brandstett­er aus der Politik zurück, um kaum ein Jahr später als Richter am Verfassung­sgerichtsh­of wieder von sich reden zu machen. Im Fall der Prüfung von Gesetzen, die während seiner Amtszeit beschlosse­n worden waren, verzichtet­e er wegen Befangenhe­it auf die Teilnahme an den Beratungen und Beschlüsse­n des Gerichts.

Nun holt den dreifachen Familienva­ter, der gerne Oldtimer, Wurlitzer und Krawatten sammelt, die Vergangenh­eit ein. Die Beschlagna­hme seines Computers dürfte mit einem Fall zu tun haben, der in Wien seit Jahren schwelt. Es geht um ein umstritten­es Hochhaus in der Innenstadt. Wie die Liegenscha­ft in die Hände des Investors Michael Tojner kam und wieso der Bau genehmigt wurde, interessie­rt die Gerichte. Brandstett­er wird vorgeworfe­n, als Minister seinem Schulfreun­d Tojner Informatio­nen über den Fall zugespielt zu haben. Er dementiert vehement.

 ?? APA ??
APA

Newspapers in German

Newspapers from Austria