Kurz’ engster Kreis unter der Lupe
POLITIK INTERN. Kurz weist den Vorwurf, er habe Gratisurlaub auf Mallorca verbracht, empört als Dirty Campaigning zurück.
Es dürfte ein spannender Tag im Ibiza-Untersuchungsausschuss werden: Gleich zwei Akteure des inneren Zirkels rund um Sebastian
Kurz (ÖVP) sind heute als Auskunftspersonen geladen: ÖVPGeneralsekretär Axel Melchior und einer seiner Vorgänger, Stefan Steiner. Letzterer ist inzwischen als politischer Berater selbstständig, gilt aber nach wie vor als Stratege hinter dem Aufstieg von Kurz an die Spitze der Volkspartei und ins Kanzleramt. Thematisch soll es in den Befragungen vor allem um das „Projekt Ballhausplatz“gehen, also den Plan, wie die ÖVP 2017 die Kanzlerschaft erobern sollte – inklusive Listen mit potenziellen Spendern für die Finanzierung besagten Plans. Melchior dagegen – im Gegensatz zu seinen Vorgängern relativ zurückhaltend, was Attacken auf politische Gegner angeht – ist zuletzt in den eigenen Reihen unter Beschuss gekommen: „Die Türkisen vermissen ihren Generalsekretär“, titelte der „Kurier“. Die Landesparteien würden einen stärkeren General fordern, berichtete die Zeitung unter Berufung auf anonyme Quellen.
Im Zuge eines kurzfristig anberaumten Hintergrundgespräches ist Kanzler Sebastian Kurz gestern in die Offensive gegangen, um neue Vorwürfe, die die Runde machen, als „übles Dirty Campaigning“anzuprangern. Kurz und seine Lebensgefährtin Susanne Thier sollen, so die Anschuldigung, im Mai 2018 in der Villa der bekannten Immobilienunternehmerin Gabriela
Spiegelfeld auf Mallorca mehrere Tage als Gäste verbracht haben. Den Hinweis hat der Chefredakteur des von Peter Pilz aus der Taufe gehobenen Online-Blogs „ZackZack“, Thomas
Walach, im Zuge einer Zeugeneinvernahme bei der Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am 17. Februar deponiert. Kurz erfuhr von dem Vorwurf – und einem acht Seiten umfassenden WKStA-Akt – durch einen Journalisten. Ein Gratisurlaub kommt einer verbotenen Geschenkannahme gleich und ist
Amtsträgern untersagt.
Kurz beteuerte gestern in dem Gespräch, an den Anschuldigungen sei nichts dran. Er und seine Freundin hätten sehr wohl im Frühsommer 2018 vier Tage auf der Balearen-Insel verbracht, sie seien aber im Hotel abgestiegen. Zum Beweis legte er eine Kopie der Rechnung vor, die PediküreKosten der Freundin inklusive. Abgesehen davon habe er die Unternehmerin auf Mallorca weder in der Finca besucht noch gesehen. Pikantes Detail: Spiegelfeld ist morgen vor dem IbizaU-Ausschuss geladen.
Peter Pilz meinte auf Nachfrage, man sei noch „mitten in den Recherchen“. Dass Kurz – anders als vom „ZackZack“-Chefredakteur behauptet – in einem Hotel abgestiegen sei, sei durchaus möglich. Der Mallorca-Aufenthalt bleibe dennoch dubios, so Pilz – ohne Belege vorlegen zu können. Walach ergänzte, er arbeite als Journalist und werde seine Quellen nicht preisgeben.
Diese Vorwürfe stünden exemplarisch für die „Methode Pilz“und den Mechanismus, wie Dirty Campaigning funktioniere, empörte sich Kurz. „Durch die Konstruktion von unwahren Zusammenhängen will man den Anschein erwecken, dass hier etwas Verdächtiges passiert ist“, so der Kanzler. „Nach dem Motto: Irgendwas wird schon stimmen und hängen bleiben.“Kurz nahm die Justiz nicht ins Visier.