EVP gegen Orbán: ein linkes Verfahren
Heute stimmt die EVP-Fraktion über eine Regeländerung ab, die zum sofortigen Austritt der ungarischen Fidesz-Abgeordneten aus der Fraktion führen könnte. Denn das hat FideszChef und Ministerpräsident Viktor Orbán angedroht: Wenn die neuen Regeln angenommen werden, verlässt seine Partei die Fraktion.
Seit zwei Jahren ist Fidesz’ EVP-Mitgliedschaft „suspendiert“. Sie zu beenden, wie es die EVP-Liberalen und auch EVP-Chef Donald Tusk sowie Fraktionschef Manfred Weber wollen, dafür gibt es keine Mehrheit. Zwei Drittel sind erforderlich.
Jetzt sollen einfach die Regeln geändert werden, um die Fidesz-Abgeordneten zumindest aus der Fraktion zu kegeln. Der Entwurf sieht vor, den Status einer Partei, deren Mitgliedschaft in der EVP „suspendiert“wird, automatisch auch in der Fraktion zur Abstimmung zu geben. Da genüge dann eine einfache Mehrheit, um die Partei auch dort zu suspendieren (oder auszuschließen).
Das ist ganz klar eine „Lex Fidesz“, und es ist mittelbar eine rückwirkend wirksame Satzungsänderung. Fidesz wurde vor zwei Jahren suspendiert, als es keinen solchen Automatismus gab – ihn jetzt anzuwenden, wäre eine retroaktive Regeländerung. Das verstößt gegen rechtsstaatliche Grundsätze. Man mag von Fidesz halten was man will, aber dass man dort dieses Vorgehen als ziemlich link empfindet, ist nachvollziehbar: Man wirft der Partei mangelnde Rechtsstaatlichkeit vor und will sie dann mit rechtsstaatlich fragwürdigen Mitteln bestrafen. Würde so etwas umgekehrt in Ungarn passieren, wäre rasch ein internationaler Entrüstungssturm die Folge, was Orbán sich denn da wieder erlaubt.
S ollte es zum endgültigen Bruch kommen, wird die EVP leiden – sie würde kleiner, ideologisch enger und „westlicher“. Auf der anderen Seite würde im EU-Parlament ein neuer ungarischpolnischer Pol entstehen. Die Spaltung Europas in Ost und West würde sichtbarer und vertieft werden. Für Orbán ist es pures Wahlkampfgold. Die Story vor den Wahlen 2022 wäre einmal mehr: Böse, ungerechte EU gegen den aufrechten Freiheitskämpfer Orbán.
„Würde so etwas in Ungarn passieren, wäre ein internationaler Sturm der Entrüstung die Folge, was sich Orbán da wieder erlaubt.“