Kleine Zeitung Kaernten

EVP gegen Orbán: ein linkes Verfahren

- Boris Kálnoky meint, dass ein Austritt der Fidesz aus der EVP Europas Spaltung vertiefen werde Boris Kálnoky leitet die Journalist­enschule am Mathias Corvinus Collegium in Budapest

Heute stimmt die EVP-Fraktion über eine Regeländer­ung ab, die zum sofortigen Austritt der ungarische­n Fidesz-Abgeordnet­en aus der Fraktion führen könnte. Denn das hat FideszChef und Ministerpr­äsident Viktor Orbán angedroht: Wenn die neuen Regeln angenommen werden, verlässt seine Partei die Fraktion.

Seit zwei Jahren ist Fidesz’ EVP-Mitgliedsc­haft „suspendier­t“. Sie zu beenden, wie es die EVP-Liberalen und auch EVP-Chef Donald Tusk sowie Fraktionsc­hef Manfred Weber wollen, dafür gibt es keine Mehrheit. Zwei Drittel sind erforderli­ch.

Jetzt sollen einfach die Regeln geändert werden, um die Fidesz-Abgeordnet­en zumindest aus der Fraktion zu kegeln. Der Entwurf sieht vor, den Status einer Partei, deren Mitgliedsc­haft in der EVP „suspendier­t“wird, automatisc­h auch in der Fraktion zur Abstimmung zu geben. Da genüge dann eine einfache Mehrheit, um die Partei auch dort zu suspendier­en (oder auszuschli­eßen).

Das ist ganz klar eine „Lex Fidesz“, und es ist mittelbar eine rückwirken­d wirksame Satzungsän­derung. Fidesz wurde vor zwei Jahren suspendier­t, als es keinen solchen Automatism­us gab – ihn jetzt anzuwenden, wäre eine retroaktiv­e Regeländer­ung. Das verstößt gegen rechtsstaa­tliche Grundsätze. Man mag von Fidesz halten was man will, aber dass man dort dieses Vorgehen als ziemlich link empfindet, ist nachvollzi­ehbar: Man wirft der Partei mangelnde Rechtsstaa­tlichkeit vor und will sie dann mit rechtsstaa­tlich fragwürdig­en Mitteln bestrafen. Würde so etwas umgekehrt in Ungarn passieren, wäre rasch ein internatio­naler Entrüstung­ssturm die Folge, was Orbán sich denn da wieder erlaubt.

S ollte es zum endgültige­n Bruch kommen, wird die EVP leiden – sie würde kleiner, ideologisc­h enger und „westlicher“. Auf der anderen Seite würde im EU-Parlament ein neuer ungarischp­olnischer Pol entstehen. Die Spaltung Europas in Ost und West würde sichtbarer und vertieft werden. Für Orbán ist es pures Wahlkampfg­old. Die Story vor den Wahlen 2022 wäre einmal mehr: Böse, ungerechte EU gegen den aufrechten Freiheitsk­ämpfer Orbán.

„Würde so etwas in Ungarn passieren, wäre ein internatio­naler Sturm der Entrüstung die Folge, was sich Orbán da wieder erlaubt.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria