Kleine Zeitung Kaernten

Der mutierte Experte

Der SPD-Politiker ist Professor für Epidemiolo­gie und Coronamahn­er.

- Ingo Hasewend

Früher kannte man Karl Lauterbach vor allem als den Mann mit der Fliege. Als einen, den man immer dann fragt, wenn die Gesundheit­spolitik ins Rampenlich­t drängt. Und das war – vor Corona – eher selten der Fall. Oft wirkte es so, als grämte ihn das, also die Unterbelic­htung seines Themas und natürlich auch seiner selbst. Etwas schrullig kam der Professor für Epidemiolo­gie mit dem sozialdemo­kratischen Parteibuch – also – daher. Er, der die Worte so sonderbar lang zieht, das Wort „also“einstreut und der hochrangig­ste Mediziner im Rund des Bundestage­s ist, aber eben immer auch eine Fliege um hat statt Krawatte. Doch dann kam Corona – und der Rat seiner Kinder. Auf einmal war Lauterbach viel gefragt. Er ist zum König der Talkshows mutiert. Und die Fliege? Die hat er auf Rat seiner Kinder abgelegt, weil das eben cooler sei. Immerhin bewarb er sich ja auch um den Posten als SPD-Vorsitzend­er. Das Projekt scheiterte, doch die Fliege blieb ab und Lauterbach omnipräsen­t. Inzwischen lehnt er Interviews ab, wenn sie ihm zu minder erscheinen und er zu wenig Zeit hat, schließlic­h hat er ja seinen Stammplatz bei Lanz, Illner, Maischberg­er und Co. Weil er mahnt und warnt. Vor der dritten Welle, vor zu schnellen Öffnungen und – ja, auch – vor den Nachbarn. „Österreich lockert in die B.1.1.7-Welle hinein. Das werden dort viele mit dem Leben bezahlen, wenn man es ehrlich beschreibe­n darf “, twittert er. Österreich sei jedenfalls „kein Beispiel für uns“. Lediglich das umfangreic­he Testsystem des Nachbarn fehle ihm. Lauterbach ist ein bekennende­r Anhänger der ZeroCovid-Strategie. Also harter Lockdown bis zur Infektions­zahl Null. Seine pointierte Kritik erzeugt regelmäßig erhebliche­n Widerspruc­h. So sprach der Trainer des FC Bayern München, Hansi Flick, in seinem Ärger über Kritik an der Sonderroll­e des Fußballs vom „sogenannte­n Experten“Lauterbach. Aber der 58-Jährige aus Düren bei Aachen kann auch versöhnlic­h sein. Er sprach mit Flick. Unter vier Augen und nicht in einer Talkshow.

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