Aufräumen bei Europas Konservativen
Viktor Orbáns Fidesz kam dem Ausschluss aus der EVP zuvor und trat aus der Fraktion aus.
Der Brief vom Sonntag, so heißt es aus dem EVPFührungskreis, hätte das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht, das sei erpresserisch gewesen. Angesichts der bevorstehenden Regeländerung bei den Europäischen Konservativen, zu der auch die ÖVP gehört, hatte der ungarische Ministerpräsident und FideszVorsitzende Viktor Orbán einen Brief an Fraktionschef Manfred Weber geschickt, in dem er mit dem Austritt der Fidesz-Delegation droht, sollte die neue Geschäftsordnung angenommen werden. Sie wurde: Mit 148 Stimmen (28 Gegenstimmen) wurde eine Möglichkeit beschlossen, künftig ganze Delegationen von Mitgliedsparteien aus der EVP-Fraktion ausoder suspendieren zu können. Die Fidesz kam allen weiteren Maßnahmen zuvor und erklärte ihren Austritt aus der Fraktion. Auf Parteiebene war die Fidesz ohnehin schon seit Frühjahr 2019 suspendiert.
Für Orbán sind die Regeländerungen ein „feindlicher Akt gegen Fidesz und unsere Wähler“, die EVP-Fraktion versuche, „unsere demokratisch gewählten Abgeordneten zum Schweigen zu bringen und zu behindern“. Dies sei „undemokratisch, ungerecht und inakzeptabel“.
Manfred Weber sagte im Pressegespräch, auch wenn es kein glücklicher Tag sei, sei er doch froh, dass sich die Gruppe vereint zeige und die Dinge von nun an klarer seien. Weber: „Meine Aufgabe ist, die Einigkeit der Gruppe zu bewahren;
unsere Abstimmung ist ein Zeichen von Einheit und Stärke.“Gleichzeitig bedauerte er den Abgang und ließ die Tür für weitere Zusammenarbeit – etwa bei Abstimmungen im EU-Parlament – offen.
Viktor Orbán hat in den vergangenen Jahren kaum eine Gelegenheit ausgelassen, seine euschließen ropäische Parteienfamilie in Erklärungsnot zu bringen. Es waren die „großen“EU-Themen wie der Streit ums Budget und den Wiederaufbaufonds, die Migrationsfrage, Rechtsstaatlichkeit, illiberale Demokratie oder zuletzt Impfstoffbeschaffung, aber auch Interna, etwa Orbáns aggressive Plakatkampagne gegen Parteikollegen Jean-Claude Juncker im EUWahlkampf. Ein Weisenrat (mit Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel) kam zu keinem Ergebnis, innerhalb der Fraktion wurden immer tiefere Gräben aufgerissen.
Wie es nun weitergeht, ist offen. Umgehend kam für die Fidesz ein Angebot von der deutschen Rechtspartei AfD. Erwartet wird, dass sich die ungarische Partei zunächst in den Ostländern der EU nach neuen Partnern umsieht.