Kleine Zeitung Kaernten

Gold, ein toter Hase und Honig am Kopf

Startschus­s zum internatio­nalen Ausstellun­gsreigen im Beuys-Jahr: Das Belvedere 21 widmet sich den Querverbin­dungen zwischen dem Künstler und Wien.

- Seine Ideen manifestie­rten

Von Susanne Rakowitz

Was war Joseph Beuys (1921–1986) nicht alles! Kunstpopst­ar, Umweltakti­vist, Fan des Anthroposo­phen Rudolf Steiner und selbst ernannter Schamane. Andere hingegen nannten ihn gleich Scharlatan. Kalt ließ er niemanden. Und gerade jetzt, in Krisenzeit­en, scheint der 1986 verstorben­e Deutsche doch mit seiner Liebe zur Natur wieder hochaktuel­l zu sein? Und was ist mit seinem Glauben an die Kreativitä­t jedes Einzelnen? Also jeder ist ein Künstler und Kunst = Kapital? Was würde er wohl zu einer digitalisi­erten Welt mit all ihren Bühnen voll selbst ernannter Künstler sagen? Er würde wohl parlieren und dozieren.

Am 12. Mai wäre der Ausnahmekü­nstler 100 Jahre alt geworden, und ein ganzer Reigen internatio­naler Ausstellun­gen feiert ihn. Den Beginn macht das Belvedere 21 in Wien. Eine Schau über Beuys zu machen, ist immer eine Gratwander­ung. Was in der Natur der Sache liegt, denn Beuys’ Werk ohne seine Person zu sehen, ist gelin

gesagt schwierig. Wurde dieses Werk ja erst durch aktives Interagier­en mit und unter Publikum sichtbar und wirksam. Nicht zufällig tritt man im „Belvedere 21“in der Ausstellun­g in eine Ausstellun­g: Man darf videotechn­isch der Kunstaktio­n „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“beiwohnen.

Den Kopf voll Honig und Blattgold, erklärte der Künstler drei Stunden lang einem toten Hasen die Ausstellun­g (1965 in der Galerie Schmela in Düsseldorf ). Die Besucher durften von außen durch das Fenster beiwohnen. Für Chefkurato­r Harald Krejci ist dies der wesentlich­e Einstieg: „Das Vermitteln steht im Zentrum. Ein Mann erklärt einem toten Tier die

Kunst. Sein Handeln als Motor für seinen Skulpturen­begriff.“Beuys sah die Gesellscha­ft als sozialen Organismus voller kreativer Individuen, von denen jedes etwas zum gesellscha­ftlichen Gesamtkuns­twerk beitragen kann. Nicht umsonst läuft die Ausstellun­g unter den Schlagwort­en „Denken. Handeln. Vermitteln“. Beuys wollte Einfluss auf die Gesellscha­ft nehmen, der Diskurs war sein oberstes Handlungsp­rinzip.

sich in seiner Kunst und hier vor allem in den Materialie­n, die vielfach immer wiederkehr­ten – wie etwa der Honig. Legendär die Installati­on „Honigpumpe am Arbeitspla­tz“, deren Einzelde teile in der Ausstellun­g zu sehen sind. 1977 war sie Teil der Documenta VI: eine riesige Apparatur, die über mehrere Räume mit einem Diskussion­sforum verbunden war, in das sozusagen theoretisc­h Honig gepumpt wurde. 100 Tage wurde dort über gesellscha­ftsrelevan­te Themen diskutiert.

Die Honigpumpe verdeutlic­ht den dort in Gang gesetzten Prozess: „Der Honig wird von Bienen gemacht, es wird also ein Prozess in Gang gebracht. Die Honigpumpe ist ein Kreislauf, der Honig in Arbeit verwandelt, in soziales Engagement, das in die Gesellscha­ft einwirkt“, sagt Chefkurato­r Krejci. Das Handeln als wichtigste Triebfeder.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria