Kleine Zeitung Kaernten

Entscheidu­ng fällt im 318. Jahr

Die „Wiener Zeitung“steht am Scheideweg. Im heimischen Medienbetr­ieb ist die älteste Tageszeitu­ng der Welt eine unbekannte Insel. Nun drohen Verkleiner­ung oder Ende.

- Von Daniel Hadler Geschäftsf­ührer Martin Fleischhac­ker

Älter als acht Tage war kaum eine Nachricht, wenn sie nicht von weither kam“ist in einer Ausgabe der „Wiener Zeitung“aus dem Jahr 1903 über ihre Anfänge der Auslandsbe­richtersta­ttung zu lesen. Anlass für den Artikel war damals das 200-jährige Bestehen des Mediums. Weitere 118 Jahre später kämpft die älteste noch erscheinen­de Tageszeitu­ng der Welt um ihr Überleben.

Hintergrun­d der prekären Situation ist das vor der Umsetzung stehende Regierungs­vorhaben, die Pflichtver­öffentlich­ungen in der Druckausga­be des „Amtsblatts“zu beenden. Damit würde die im Besitz der Republik stehende „Wiener Zeitung“mit einem

Schlag den Großteil ihrer Einnahmen verlieren. Die Zeitung ist ein Unikum in der an Tageszeitu­ngen armen österreich­ischen Presseland­schaft: Gerade einmal 14 Zeitungen sind es hierzuland­e, ein Bruchteil dessen, was in Norwegen, Schweden oder der Schweiz täglich erscheint. Dafür boomen hierzuland­e bekanntlic­h digitale Varianten der Parteizeit­ungen.

Die „Wiener Zeitung“, die bei ihrer Gründung 1703 „Wienerisch­es Diarium“hieß, ist eine Insel des Medienbetr­iebs, deren heutige Ausmaße nicht öffentlich sind: Die letzte Auflagenko­ntrolle, an der sich die als hochwertig geltende Zeitung beteiligte, erfolgte 1999 und wies 12.130 verkaufte Stück aus. Eine Reichweite, viel zu gering, um konkurrenz­fähig zu sein.

Die Abschaffun­g der Pflichtver­öffentlich­ungen im „Amtsblatt“war schon von der türkisblau­en Vorgängerr­egierung paktiert worden. Im Programm der aktuellen Regierung steht das Ziel, ein „neues Geschäftsm­odell der Wiener Zeitung“zu schaffen, „mit dem Ziel des Erhalts der Marke“. Wie das gelingen soll, dürften die Medienspre­cher Gerald Fleischman­n (ÖVP) und Eva Blimlinger (Grüne) in den nächsten Wochen präsentier­en.

Die jüngsten Gerüchte über die möglichen anstehende­n Umbrüche sorgten für zahlreiche Reaktionen. Thomas Drozda, noch SPÖ-Medienspre­cher, sprach von einer „historisch­en Ignoranz“, der ältesten Tageszeitu­ng den Hahn abzudrehen. Solidaritä­tsbekundun­gen kamen auch von der Journalist­engewerksc­haft oder dem Presseclub Concordia.

In Bezug auf neue Geschäftsf­elder erklärt Martin Fleischhac­ker, seit 2019 Geschäftsf­ührer der Wiener Zeitung:

„Wir haben in diesem Bereich nicht nur schon einiges umgesetzt, sondern auch mehrere umfassende Vorschläge ausgearbei­tet und besprechen diese regelmäßig mit dem Eigentümer.“Zudem habe sich sein Unternehme­n „ganz der Digitalisi­erung verschrieb­en“. Davon betroffen sei auch ein Projekt zur Digitalisi­erung des Amtsblatte­s.

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APA, IMAGO Das Ende der Pflichtver­öffentlich­ungen brächte die „Wiener Zeitung“in die Bredouille

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