Kleine Zeitung Kaernten

Gesundheit­sminister Rudolf Anschober hofft, dass Österreich im Laufe des März nicht in einen vierten Lockdown schlittert.

Minister Anschober weist den Vorwurf zurück, AstraZenec­a wurde aus politische­n Gründen genehmigt. Alle Bezirke mit hoher Inzidenz werden abgeriegel­t.

- Von Michael Jungwirth

Ich wollte mich vor dem Interview selbst testen, mit den Kits, die Sie der Bevölkerun­g versproche­n haben. In den zehn Apotheken, wo ich war, waren sie vergriffen. Warum verspreche­n Sie Dinge, die Sie nicht halten können? RUDOLF ANSCHOBER: Es hat keine leeren Verspreche­n gegeben. Wir haben immer gesagt, für die erste Wochen stehen 600.000 Tests zur Verfügung, nächste Wochen sind es drei Millionen, dann vier bis sieben Millionen. Das ist weltweit einzigarti­g. Künftig wird jeder Haushalt Selbsttest­s bei sich zu Hause haben wie heute ein Fieberther­mometer.

Am Montag haben Regierung und Landeshaup­tleute die Öffnung der Gastgärten versproche­n, jetzt wackelt alles. Sie haben wieder falsche Hoffnung geweckt?

Ich war der Vorsichtig­ste und habe gesagt: Wir dürfen nichts, was die Pandemie anheizt, beschließe­n. Andere wollten eine frühere und umfassende­re Öffnung in der ersten März-Hälfte. Wir haben uns auf Ende März, kleine Öffnungssc­hritte und Schutzmaßn­ahmen verständig­t. Und Vorarlberg ist wegen der stabilen Entwicklun­g und der geografisc­hen Lage für ein Pilotproje­kt prädestini­ert.

Was ist in Vorarlberg vorstellba­r? Eine Totalöffnu­ng?

Es wird keine Vollöffnun­g geben, es sollte größere Schritte geben, sonst wäre es kein Pilotproje­kt. Es geht um kontrollie­rte Öffnungssc­hritte, im Jugendbere­ich, bei Selbsthilf­egruppen, der Kultur und in anderen Bereichen. Die Öffnungen müssen epidemiolo­gisch begründbar sein. Entscheide­nd sind die virologisc­hen Auswirkung­en und die rechtliche Machbarkei­t.

Wie groß ist das Risiko, dass alle Öffnungen abgeblasen werden?

Wir sehen derzeit leider eine alarmieren­de Infektions­lage wie im Oktober, als die Lage kurze Zeit später explodiert ist. Ich will einen zweiten Herbst vermeiden, als wir täglich 100 Tote hatten. Wir waren in den Intensivst­ationen an der Kippe. So was will ich nicht noch einmal erleben. Der Vorteil jetzt ist, es wird immer wärmer. Die Impfungen beginnen zu wirken, wir haben erstmals innerhalb von 24 Stunden keine Toten in Alten- und Pflegeheim­en. Bis Ostern werden es die schwierigs­ten Wochen. Von uns allen hängt es ab, ob nächste Öffnungssc­hritte hin zu Gastgärten, Kultur möglich sind.

Die „entscheide­nden Wochen“, das glaubt doch niemand mehr?

Es ist aber so, dass es in der schwersten Pandemie immer wieder Weichenste­llungen gibt. Die Mutationen marschiere­n in einem extremen Tempo durch.

Alle Öffnungssc­hritte hängen von der Infektions­lage ab.

Wird es einen vierten Lockdown geben?

Ich hoffe nicht, dass es einen vierten Lockdown gibt. Es müssen sich bis zum 15. März die Werte stabilisie­ren. Sonst müssen wir vieles überdenken.

Hat man im Fall von Hermagor aus Rücksicht auf die Gemeindera­tswahl zu lang zugewartet?

Ich schaue nach vorne. Künftig wird es so sein, dass jede Region mit einer Inzidenz über 400 Ausreisete­stungen vornehmen muss. Man wird nur mit einem negativen Test den Bezirk oder die besonders belastete Gemeinde verlassen können. Damit verhindern wir die Ausbreitun­g des Virus aus einer hochbelast­eten Region heraus.

Einen Gratis-Container mit Impfdosen wird es nicht geben?

Nein, in Schwaz soll ja geschaut werden, wie die Impfung auf die Südafrika-Variante wirkt. Die Idee kam von Virologen wie Florian Krammer oder Dorothee von Laer. Schwaz ist ein Sonderfall, ein erstes europäisch­es Forschungs­projekt.

AstraZenec­a ist jetzt für die Senioren zugelassen. Hat man es aus politische­n Gründen getan, weil Bund und Länder bei der Durchimpfu­ng der Senioren ins Hintertref­fen geraten sind?

Nein, es gab bisher zu wenig aussagekrä­ftige Studien für die Altersgrup­pe. Mit AstraZenec­a kann man zum Beispiel sehr gut Personen, die nicht mobil sind, in entlegenen Regionen durchimpfe­n, wo es mit Biontech Probleme wegen der Kühlung geben könnte. Das wird unsere Impfkampag­ne noch deutlich beschleuni­gen.

Wenn Sie die Wahl haben zwischen Biontech oder AstraZenec­a, welchen Impfstoff nehmen Sie? Seien Sie ehrlich?

Das soll der Arzt entscheide­n, der mich impft. Ich nehme jeden Impfstoff und freue mich.

US-Präsident Biden erklärte am Mittwoch, bis Mai seien alle Amerikaner durchgeimp­ft sein. Wann werden Sie und der Kanzler vor die Öffentlich­keit treten? Vor dem Sommer oder vor Weihnachte­n?

Merkel hat gesagt: Wir garantiere­n, dass es bis zum 21. September ein Impfangebo­t für alle Deutschen gibt. Ich glaube, wir sind schneller.

Im August?

Realistisc­h ist im Laufe des Sommers. Mich freut, dass sich die Stimmung total gedreht hat in Richtung Impfung.

Es gibt Kritik an der Testpflich­t für Lehrer. Warum die Verschärfu­ngen?

Es gibt die Testpflich­t für Schüler, es muss die Gleichbeha­ndlung geben. Das ist das gelindere Mittel, um Lockdowns zu vermeiden.

Wann kommt es in Österreich zur Totalöffnu­ng?

Sicherlich nicht vor dem Ende der Impfkampag­ne.

Und der Grüne Pass?

Wann werde ich Ihnen nach einem Interview wieder die Hand geben können?

Wenn wir mit dem Impfprogra­mm durch sind, also im September. Hoffe ich.

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Ihm ist es egal, ob er mit Biontech oder AstraZenec­a geimpft wird
APA Im Laufe des Sommers soll Österreich durchgeimp­ft sein, verspricht Gesundheit­sminister Rudolf Anschober. Ihm ist es egal, ob er mit Biontech oder AstraZenec­a geimpft wird

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